Timeline
zurück
Im Oktober geben die Onkelz auf ihrer Webseite das Erscheinen einer Best-Of bekannt.
„Lieder wir Orkane“ markiert die erste Zusammenarbeit der Onkelz nach dem Split im Jahre 2005 und nach den unschönen Zwistigkeiten zwischen Gonzo und Stephan, die sich bis dato nur noch über deren Anwälte miteinander unterhalten. Die Compilation erscheint am 02. Dezember 2011 und enthält insgesamt vier CDs mit 50 Titeln und eine DVD mit vier ausgewählten Live Tracks des Loreley Gigs von 2003.
Die Veröffentlichung ist als eine Art Tagebuch zu verstehen, das jeder der vier Onkelz mit seinen persönlichen Favoriten zu füllen hatte. Wenig Platz für Gassenhauer, eher eine Art Leitfaden zum besseren Verständnis der Band. Obwohl zwischen Matthias Röhr und Stephan Weidner nach wie vor kalter Krieg herrscht, ist doch langsam aber sicher eine ganz vorsichtige Woge der Besserung zu spüren, auch wenn an eine Annäherung – geschweige denn an ein Treffen der beiden, noch lange nicht zu denken ist. Der Stachel, er sitzt noch zu tief.
Kurz nach Bekanntgabe der Veröffentlichung regnet es Kritik aus dem eigenen Fan-Lager. Viele Fans regen sich über die Tatsache auf, dass die Onkelz es nach 2001 – damals zehn Jahre zuvor – erneut wagen, eine Best-Of zu veröffentlichen, die zudem keine unveröffentlichten Songs, sondern als „Kaufanreiz“ Live Lieder enthält. Weidner, der zu dieser Zeit noch unter dem Einfluss seines Plädoyers stehend, Bock auf das Onkelz Thema hat, meldet sich auf seine unverwechselbare Art und Weise im Blog der Band zu Wort:
Weil ich gerade so gut drauf bin und ihr Fragen stellt, lest dies:
Die Intention von “Lieder wie Orkane” ist einfach erklärt. Sie sollte ein Zeichen sein. Von allen Onkelz gewollt und zusammengestellt. Unsere persönlichen Highlights für die, die eben noch nicht im Besitz aller Onkelz-CDs sind. Für die, die sich für uns interessieren und vielleicht infizieren lassen wollen. Für alle anderen, so hofften wir, dokumentiert „Lieder wie Orkane“ den Schritt aufeinander zu in Richtung Onkelz
.
Naiv? Na und? Ich gebe zu, der Zeitpunkt meines Statements und die kurz danach verkündete Veröffentlichung der Box war unglücklich. Darüber waren wir uns von vornerein im Klaren. Es war uns bewusst, dass es Kritik, Fragen und Vorwürfe geben würde. Und wer Böhses denken wollte, würde die Gelegenheit nutzen. Wir dachten daran, das Statement nach dem Releasetermin zu veröffentlichen. Das habe ich abgelehnt. Dann hätte es geheißen, ich müsste für meine DVD werben, Tickets für meine Tour verkaufen oder ähnliches. Ich wollte mit meinem Plädoyer nicht taktieren, und wusste, egal zu welchem Zeitpunkt es veröffentlicht würde, es würde Diskussionen geben. Ihr müsst wissen, dass ich meine Gedanken zum Thema Onkelz nicht an einem Tag geschrieben habe, es gärte monatelang und musste einfach raus. Jetzt! Ich musste meiner Intuition folgen und hatte geglaubt, ihr würdet nicht derart an meinen Worten zweifeln. Gerade wegen des Zeitpunkts, aber nicht vorhandenen Zusammenhangs. Ich dachte, wenn diese Zeilen von Herzen kommen, würden die meisten es fühlen. Schade. Wer an der Aufrichtigkeit meiner Worte zweifelt, mir strategisches Denken unterstellt, der muss mich für blöd halten. Wer denkt sich denn so was aus? Glaubt ihr, ich halte euch für bescheuert?
Eure Worte können mich zwar nicht verletzen, aber ich frage mich, wie tief sind wir gefallen?
Es kling zwar kitschig, aber wir sind stolz auf die Onkelz, und wir wollten all den negativen Berichten und Vorkommnissen in letzter Zeit etwas entgegen setzen. Wir haben das gemeinsam entschieden, und freuten uns schon auf den Aufschrei da draußen, sollte das Teil charten.
Freedom of choice:
Dieses ganze Kommerz-Gelaber ist doch einfach nur noch lächerlich und genau so wird es von uns wahrgenommen. Wer das Teil nicht kaufen will, lässt es. Kauft euch ein Handy, esst bei McDonalds, und schaut RTL, das ist unkommerzieller als die Onkelz. Keiner braucht sich von einer Bonus-DVD genötigt zu fühlen, zu kaufen, was er schon hat. Die Loreley-Songs werden eh am nächsten Tag auf YouTube zu sehen sein, so what?
Dass ein Teil von euch immer noch mit Kommerzvorwürfen kommt, nimmt langsam tragische Züge an, kratzt uns aber nicht. Wer erfolgreich ist, muss mit diesem Vorwurf leben. Wir wissen, dass es keine Band mit ähnlichem Status gibt, die so wenig geldgesteuert agierte, wie wir. Wir teilen durch vier, wie immer, steckten viel Geld in unsere Struktur und unsere Freiheit, um zu tun, was wir wollten und wann wir es wollten. Dass es bei den Onkelz primär nie ums Geld ging, dafür lege ich meine Hand ins Feuer, und unterzieh mich einem Lügendetektortest. Arm, dass ich so etwas schreiben muss, aber auch ein spannender Gedanke: Ich, verkabelt und zur Schau gestellt, alle Zweifler anwesend… Haha, ich würde einiges dafür geben, in ihre Gesichter zu schauen, wenn das Ergebnis bekannt gegeben würde. Dass wir viel Geld mit den Onkelz verdienen durften, dafür müssen wir uns nicht schämen. Dass wir heute, ab und zu, ein neues Onkelz-Shirt rausbringen und in zehn Jahren zwei Compilations rausgebracht haben, ist alles andere als kommerziell. Unser Vertrieb und unsere Geschäftspartner hassen uns dafür, weil wir eben nicht alle Möglichkeiten ausnutzen, unseren Katalog und unsere Fanartikel an die Frau/Mann zu bringen. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen, fragt euch selbst, was die wahren Beweggründe für eure Vorwürfe sind. Unsere Geldgeilheit ist es jedenfalls nicht. Wir haben uns diesbezüglich nichts vorzuwerfen. Das sagen zu können, erfüllt mich nach wie vor mit Stolz. Mit diesem Wissen schlafe ich extrem gut. Also, an alle Kommerz- Krakeeler, nehmt es nicht mir nicht übel, aber ihr tut mir aufrichtig leid. Das meine ich nicht höhnisch. Anstatt zu schätzen und zu bewahren, was ihr hattet, grollt ihr vor euch hin, beansprucht die Wahrheit, und glaubt, das Wissen zu haben, ein Urteil über uns fällen zu können. “Lieder wie Orkane” wird uns nicht reich, aber auch nicht ärmer machen, kauft sie oder lasst es, zerreißt sie oder freut euch. Kauft euch vom gesparten Geld ein Buch. Lest! Das würde mich freuen, aber bitte hört auf, eure Spekulationen als Erkenntnisse zu verkaufen. In eurem eigenen Interesse.
Jetzt müsste eigentlich ein Werbebanner aufgehen und Onkelz-Klingeltöne anbieten.
Der Schlussakkord:
Lasst die Onkelz in Ruhe und stürzt euch auf mich. Ich steh da drauf. Ich bin Kommerz und mache keine Kunst, sondern Geld. Mein Merch-Shop soll eure Kirche sein, meine Texte euch blenden. Nehmt mich, dann müsst ihr nicht anfangen darüber nachzudenken, von wem ihr wirklich verarscht werdet. Von euch selbst!
Ach ja: Auch wenn es traurig ist, muss ich manchmal darüber lachen. Nicht schadenfreudig laut, eher schmunzelnd wissend. Ja, ich war genauso! Ich weiß aber nicht, hätte es damals schon das Internet gegeben, ob ich den Sex Pistols in ihr Forum geschrieben hätte, nachdem ich herausbekam, dass sie von Malcolm McLaren gecastet wurden. Wie unpunkig ist das denn? Ich liebe sie noch heute, und bin ihnen zu ewigen Dank verpflichtet, dass sie mein Leben verändert und meinem Wahnsinn ein zuhause gegeben haben. Never mind……
Stephan