Dresden – 12 Points!

Nu, wir müssen reden, Dresden. Da hat sich ganz offensichtlich in den vergangenen zweieinhalb Jahren einiges bei euch angestaut, das ganz dringend heute Abend raus musste. Das war ein mehr als amtlicher Abriss, den ihr da hingelegt habt. Aufbau Ost quasi, nur umgedreht.

Aber der Reihe nach. Wir sind mit dem gesamten Tour-Tross am Dienstag gegen Mittag in Dresden angekommen. Nach dem Check-in im Hotel haben wir den Off-Day genutzt, um uns das schöne Dresden ausgiebig anzuschauen und Dresden, du bist wirklich schön! Diese Off-Days auf der Tour sind immer wieder aufs Neue gern genutzte Freiräume, um die jeweiligen Städte der Tour zu erkunden. Bereits am frühen Mittwochmorgen starteten dann die Shuttle-Busse, die die ersten Teile der Crew zur Hallen brachten, um mit dem Aufbau der Bühne zu beginnen. Hier sitzt einfach jeder Handgriff, jeder weiß exakt, was er zu tun hat. Nur so funktioniert es, innerhalb von kürzester Zeit eine solche Produktion an den Start zu bringen. Die ganze Szenerie hat ein wenig die Anmutung eines Orchesters, das durch das Team der Produktionsleitung zum perfekten Zusammenspiel orchestriert wird. Chapeau, immer und immer wieder!

Die Messehalle 1 hat äußerlich ein wenig den Charme einer ausgebauten Scheune, ist aber von innen mit allen Wässerchen für eine gelungene Veranstaltung gewaschen. Der Backstage-Bereich ist mit über 1.100qm komfortabel, und mit einem Fassungsvermögen von etwa 12.000 Stehplätzen bietet sie eine mehr als solide Basis für unsere Shows im Osten der Republik auf der diesjährigen Tour. Die Halle hat zudem keine Tribüne, was wiederum mehr Raum für satten Pogo-Tango ermöglicht. Das letzte Onkelz-Konzert in Dresden fand übrigens vor über 20 Jahren, nämlich am 05.06.2002 in der ehemaligen Eissporthalle, statt. Für die Historiker unter euch.

Als wir am späten Vormittag an der Halle angekommen sind, fällt uns ein junges Paar auf, das bereits vor der Einlassschranke sitzt und wartet. Wir kommen ins Gespräch und die Beiden erzählen uns, dass sie aus Augsburg kämen und bereits seit 8 Uhr auf einen der begehrten Plätze in der ersten Reihe warten. Das sind fast 13 Stunden vor der Show! Ich frage mich: Ist das noch deutsche Pünktlichkeit, oder einfach nur Wahnsinn? Vermutlich von beidem etwas.

Wir starten mit dem Einlass kurz nach halb sechs und sehen besagtes Paar im Vollsprint an uns vorbei rennen. Er, im Stile von Usain Bolt, schafft es gerade noch, die Kurve in die Halle zu bekommen, um dann im Zieleinlauf zur Bühne den heutigen ersten Platz zu ergattern. Stark! Die Halle füllt sich schnell und schon jetzt wird spürbar, dass das heute Abend in Dresden eine hitzige Angelegenheit werden könnte.

20:41 Uhr. Die Lichter in der Halle erlöschen. “Wir wollen die Onkelz sehen!”-Chöre füllen lautstark den Raum. Dresden, da geht was!

20:43 Uhr. Das Intro beginnt, und sofort brechen alle Dämme. Mit “Hier sind die Onkelz” und “So sind wir” wird Hauptgang und Nachschlag zum Warmwerden in einem Gang serviert und die Band zeigt sich von Beginn an wieder in bester Spiellaune. Dresden quittiert das mit Chören, die immer wieder die PA übertönen. Das sind die Zutaten für einen perfekten Konzertabend bei und mit den Onkelz. Nach “Finde die Wahrheit” und tausenden Händen in Richtung Hallendach, bedankt sich Stephan fürs Mitsingen und für die Energie, die Dresden von Beginn an transportiert und die, so viel darf ich verraten, bis zur letzten Note anhalten sollte.

Ich habe mich für den heutigen Konzertbericht entschieden, mal über die Songs der Setlist zu schreiben, die in den Berichten zumeist etwas untergehen, weil sie nicht die garantierten Stimmungsgaranten sind. Entweder, weil sie beispielsweise noch neu sind, Balladen oder eben beides. Und natürlich war die “Stunde des Siegers” wieder ein absolutes Brett, und “Gehasst, verdammt, vergöttert” geht einfach auch immer. Das sind Songs, die du problemlos im Club der langen Gesichter spielen kannst, weil sie einfach eine sichere Bank für gute Stimmung und laute Chöre sind. Aber sprechen wir doch mal über “Kuchen und Bier”. Der Jubiläumssong der letzten Platte, der sich für mich live total trägt und der sofort zündet. Wer da im Refrain nicht mitsingt oder aber das zumindest kopfnickend in Gedanken tut, der sollte dringend seine Vitalzeichen kontrollieren.

21:08 Uhr. “Oh, wo ist das schön!” schallt es durch die Messehalle und ja, Dresden, es ist verdammt schön hier bei euch!“

Narben” soll und muss ebenfalls erwähnt werden. Der Song ist übrigens auch mittlerweile über 20 Jahre alt und dabei kein bisschen in die Jahre gekommen. “Die Narben auf unseren Seelen bestimmen den Gang des Lebens. Hand aufs Herz – spürst du den Schmerz”. Hier treffen Schwermut und Hoffnung in einem Song aufeinander und ringen um das Gefühl, das am Ende des Hörens übrig bleibt. Wenn ich in die Gesichter der Fans um mich herum schaue, dann gewinnt hier immer die Hoffnung und deshalb gehört “Narben” für mich einfach auch immer zu den Highlights der Setlist.

Was mir an diesem Abend wieder ganz besonders auffällt, ist die bereits angesprochene großartige Spiellaune der Onkelz auf dieser Tour. Das macht einfach extrem Spaß beim Zuschauen! Diese Band hat in den vergangenen 42 Jahren auf so ziemlich allen Bühnen dieser Republik gespielt und schafft es dennoch nach so langer Zeit, sich für eine solche Tour zu finden und den Schalter von der ersten Show an, Abend für Abend, umzulegen. Das kann man in dieser Konstellation, mit der gemeinsamen Historie und den Umständen ihrer Protagonisten nicht hoch genug anrechnen, und ich bin wirklich dankbar, dass wir gemeinsam die Möglichkeit haben, die Onkelz in dieser Form live zu erleben. Chapeau, ihr Vier!

Und Dresden nimmt diese Energie der Band auf und kanalisiert sie immer wieder in “Oh, wie ist das schön!” Chöre. Jeder Song an diesem legendären Abend wird bis zum letzten Ton mitgesungen und vor allem mitgefühlt. Bei “Nur die besten sterben jung” geht fast der gesamte erste Wellenbrecher auf die Knie. Gänsehaut! Aber Dresden kann noch mehr: Nach “Terpentin” wird der 42-jährige Rekord von “Ooooooh, oooooh, ooooooh” am Ende des Songs gnadenlos gebrochen. Minutenlang schallt es durch die Messehalle und ich habe das Gefühl, dass dieser Abend niemals enden sollte. Zu schön ist der Moment.

Lasst uns noch unbedingt über “Die Erinnerung tanzt in meinem Kopf” sprechen. Eine Retrospektive auf das eigene Sein der Onkelz. Eine Zeitreise durch die letzten 42 Jahre. Ein Song, der erstmals auf dieser Tour gespielt wird und der live alles andere als ein musikalischer Selbstläufer ist. Dieses Lied ist einfach ein Meisterwerk, von vorn bis hinten. Punkt. Jedes Wort, jede Harmonie, jeder Ton abgewogen und aufeinander aufbauend. Für mich einer der schönsten Onkelzsongs aller Zeiten und ganz sicher am Rande der Perfektion. Man hätte diesen Song mit diesem Thema nicht schöner schreiben können, und deshalb muss er in diesem Bericht auch erwähnt werden.

Dringend erwähnen muss ich übrigens auch noch “Heilige Lieder” aus dem Zugabenblock, fällt mir ein. Gonzo ist einfach in spielerischer Höchstform und hat, wie die anderen Onkelz, extrem Lust auf diese Tour. Zu bestaunen ist diese Spielfreude bisher auf jedem Konzert und bei jedem Song. Die Fans in der ersten Reihe staunten in Dresden nicht schlecht, als er mitten im Song durch den Graben rennt und dabei noch mit einigen Händen abklatscht. Nicht schlecht staunten übrigens auch Mitch (sein Backliner) und die anwesenden Secus, die alle Hände voll zu tun hatten, die Wege für Gonzo on fire freizuräumen. Das ist gelebter Rock´n´Roll!

Stephan bringt es anschließend treffend auf den Punkt: “Es war ein unfassbarer Abend. Mir fehlen die Worte. Danke für alles!”. Dem kann und will ich nichts hinzufügen.

Dresden – 12 Points! Das war legendär heute Abend!

Abschließend möchte ich noch denen ein Gesicht in diesem Konzertbericht geben, die ihr zumeist (glücklicherweise) nicht zu Gesicht bekommt. Die aber wichtig sind und die ihren Anteil daran leisten, dass diese Abende überhaupt erst legendär werden können: den Rettungskräften. Ich hatte die Möglichkeit, nach der Show mit einem von ihnen zu sprechen. Die Rettungskräfte waren gestern mit 25 Leuten inkl. Notarzt vor Ort. Bis auf ein paar Platzwunden und ein paar Prellungen, war der Abend für das Team ruhig und völlig normal. Danke auch für eure Unterstützung!

Auch das ist Teil dieses legendären Abends in Dresden.

// Marco Matthes

// Christian Thiele

// Lennart Menkhaus

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