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Seit Wochen sitze ich nach jedem Konzert vor meinem Laptop, rekapituliere die eben erlebten 120 Minuten Onkelz und setze sie – mehr oder weniger gewollt – in einen Kontext mit den bereits vergangenen Shows der Tour. Dass es ohnehin von Konzert zu Konzert nicht einfacher wird, noch mit einer spannenden, mitreißenden Story um die Ecke zu kommen, die euch minutenlange Gänsehaut auf euer Onkelztattoo zaubert, muss ich sicher nicht erwähnen. Das ganze Prozedere in meinem Kopf erinnert mich immer etwas an diese Logikrätsel à la „Welcher Begriff passt nicht in diese Reihe“: Apfel – Banane – Birne – Gurke. Dann frage ich mich jedes Mal, was denn nun die Gurke auf der Tour war und vergleiche die Städte, um einen Ansatz zu haben, auf dem ich meinen Bericht aufbauen kann. Damit ist jetzt aber Schluss, weil ich entschieden habe: Vergleiche sind scheiße! Wir werden im Leben ja nun schon genug verglichen: Mit dem/der Ex, mit den Arbeitskollegen, oder mit den Geschwistern. Dabei sind es, wenn überhaupt, nur Nuancen, die die einzelnen Shows dieser großartigen Tour voneinander unterscheiden. Vielleicht sind hier mal die Chöre beim Einlass etwas lauter, oder das Klatschen bei „Auf gute Freunde“, aber am Ende eint alle Konzerte: Eine höchst spielfreudige Band und ein Konzerterlebnis, dass uns allen noch lange in Erinnerung bleiben wird.

In Erinnerung wird uns auch definitiv Berlin bleiben. Die zweite Halbzeit startet mit einem Blick auf die Gästeliste, die auch heute wieder prall gefüllt ist. Die Band hat viele Freunde hier und niemand will es sich nehmen lassen, heute Abend dabei zu sein. Insbesondere nicht, weil Tag I schon alle Erwartungen übertroffen hat. Deshalb bin ich auch super froh, dass mir Jola vom örtlichen Veranstalter mit den Gästen unter die Arme greift. Wir haben uns gestern schon kollektiv gefragt, was heute Abend eigentlich noch kommen kann? Ich meine, irgendwann geht einfach auch nicht mehr. Mir erzählte eine Dame des Hauses, die schon seit mehreren Jahren Shows in der Mercedes-Benz-Arena betreut, dass sie schon viel gesehen habe, aber diese Gesänge und diese Energie habe sie bei noch keiner Veranstaltung erlebt. Der beste Chor der Welt eben, denke ich.

Ich selbst habe heute Abend mit meiner Mutter, meinem Bruder und einem ehemaligen Arbeitskollegen gleich drei Leute im Publikum, die a) noch nie ein Onkelzkonzert gesehen haben und b) ehrlich genug sind mir zu sagen, wenn ich mit meiner Einschätzung des Abends völlig daneben liege. Die bereits in einigen Städten angesprochene Heterogenität des Publikums zeigt sich nicht nur bei meinen oben genannten Gästen, sondern auch im generellen Publikum des Abends. Die Fanlandschaft in Berlin ist abermals bunt durchmischt, besteht aus allen Altersstufen und gesellschaftlichen Schichten und bietet damit ein bestechendes Abbild von Berlin selbst. Die Atmosphäre knüpft schon mit dem Einlass nahtlos an den gestrigen Tag an und wir sind uns früh sicher, dass auch heute Abend großartig werden wird.

Die Band ist Backstage wieder bestens gelaunt, obwohl mit der Niederlage für die SGE und dem HSV durchaus Frustpotential besteht. Egal, heute Abend wollen sie sich nochmal gebührend aus der Hauptstadt verabschieden. Wieder wird sich zu viert eingestimmt, abgeklatscht und angeheizt. Es herrscht eine euphorische Stimmung auf dem Weg zur Bühne und pünktlich um 20:45 Uhr startet das Finale in Berlin.

Wenn mehr als 15.000 Fans schon beim zweiten Song kollektiv mit „10 Jahre“ die PA übertönen, dann kann das nur ein gutes Vorzeichen für ein starkes Onkelzkonzert werden. Diese unfassbare Lautstärke wird später nochmal bei „Nur die besten sterben jung“ und „Wieder mal ´nen Tag verschenkt“ bis weit in den Backstagebereich hörbar sein. Das ist kein klassisches Rockkonzert – das ist eine Messe, ein Zusammenschluss von Menschen, die für 120 Minuten mit höchster Leidenschaft die Wiedergeburt der Onkelz feiern. Nochmal: Man kann es nicht erklären, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Mein Kumpel, Andi, steht mit offenem Mund und leuchtenden Augen hinter mir und wird später bestätigen, wovon ich ihm vorher in der Theorie immer berichtet habe: Es ist die Energie, die Intensität der Fanliebe zu den Onkelz, die diese Band so besonders, nein, einzigartig macht. Das Ganze funktioniert auch nur als Einheit: Onkelz und ihre Fans. Eine einfache Formel, die im Ergebnis nicht mehr benötigt, als diese beiden Parameter. Die Songs sind das Vehikel, was die Geschichte der Band für jeden Einzelnen erlebbar macht und wiederum zu soviel Identifikation führt. Das war immer so und wird auch immer so bleiben.

Dass diese Formel funktioniert zeigt sich an diesem Abend, wann immer sich die Band eine kurze Pause zum Verschnaufen und zum Resorbieren der Stimmung nimmt. Dann sind die Chöre in der Arena so laut, dass Stephan kaum zu Wort kommt. Auch heute nimmt er sich wieder viel Zeit, um seine Ansagen zu setzen und den Fangesängen den Raum zu geben, die sie verdient haben. Wann immer die Kameras die Gesichter der Band auf den riesigen Leinwänden in Großaufnahme zeigen, muss man nicht Hellseher sein, um zu sehen, dass diese Vier glücklich und dankbar sind. Dankbar, dass ihr in jeder Stadt nicht mehr als die pure Freundschaft entgegengebracht wird.

Mir persönlich machen die Onkelz 2016 einfach extremen Spaß. Wenn wir uns allein unseren Kevin mal ansehen, wie er seit Wochen in jeder Stadt abliefert, von links nach rechts hüpft und die Mähne schwingt, dann ist das bei weitem mehr, als man jemals erwarten konnte. Er ist wieder da und präsenter, als jemals zuvor. Seine Interaktion mit dem Publikum, seine Gesten nach oben bei „Nur die besten sterben jung“, machen ihn so unglaublich menschlich und nahbar. Eigenschaften die man ihm vor der Reunion abgesprochen hat. Ihn so klar zu sehen und zu erleben ist das größte Geschenk der Onkelz, was Stephan auch heute treffend vor „Wo auch immer wir stehen“ formuliert.

Mit dem Zugabenblock wird der Onkelz-Stimmungs-Seismograph nochmal derart zum Ausschlagen gebracht, dass das Registrieren, was da gerade passiert, gar nicht möglich ist. Spätestens bei „Mexico“ findet man sich im Epizentrum der Stimmungsentladung wieder und man muss sich schon kneifen, wenn man begreifen will, was da im Innenraum und auf den Rängen abgeht. Da sitzt niemand mehr auf seinen Platz. Da werden nochmal alle Kraft mobilisiert, um bei der Stelle zum Tanzen steil zu gehen. Ich sag ja, die deutsche Sprache kennt keine passenden Begriffe für diese Bilder. Mit „Erinnerungen“ setzt die Band den Schlusspunkt zweier Konzerttage in Berlin, die wir so schnell nicht vergessen werden. Am Ende, bleibt uns nur Danke zu sagen. Danke, für eure Liebe zu den Onkelz, die uns jeden Abend mit einem breiten Grinsen zurücklässt.

Bericht: Marco Matthes

Fotos: www.christianthiele.de

12 comments

  1. Heike - 29. Dezember 2016 17:49

    Unterrang 208 Top Sicht auf die Bühne – Glück gehabt : Muddi & Tochter – sie14J.+ 1.mal dabei ;-) – wir beide allein nach Berlin , aber hier vor und neben uns Fanz , wie sie sind und obwohl man sich nicht kennt …. gleich Quatschen über alte Konzerte ,HHR und neues Album …eben Seelenverwandschaft . Mein Kind strahlt und freut sich ,die Augen leuchten ,wie Sterne und sie ist mit allen Sinnen mittendrin und nach den letzten Tönen von Beasto Blanco nicht mehr auf ihrem Stuhl zu halten . Alles ,was Ihr präsentiert habt , ist Stimme , Texte und Rock der Superlative . Keine weiteren Worte können das Erlebte jeh beschreiben .. Auf die Freundschaft in Freude auf die DVD

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  2. Hulda - 28. Dezember 2016 09:39

    Ich war unendlich glücklich, wenn auch über ebay und recht teuer, Karten bekommen zu haben. Unser Sohn hat sie zu seinem 10. Geburtstag geschenkt bekommen und hat vor Freude geweint.
    Das es so geil werden würde, hätte ich mir niemals erträumt. Gänsehautmomente ohne Ende, geile Stimmung und die Atmosphäre in der Arena. Genial! Danke für die geilen Stunden und wir freuen uns auf Euch 2017!!!!

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  3. Itschy - 23. Dezember 2016 04:44

    War mega geil danke das ihr wieder da seid

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  4. Mario - 22. Dezember 2016 17:50

    Von der ersten Minute vor der Arena an habe ich bereits gemerkt, dass die Menschen mit denen man gewartet hat wie eine Familie waren. Stundenlang habe ich mich mit mehreren Konzertgängern unterhalten, ohne, dass man sich vorher überhaupt kannte.
    Als es in die Halle ging, hatte ich dann das Glück in der 1. Welle zu stehen und das bei meinem allerersten Onkelz Konzert. Es war ein unbeschreibliches Gefühl ganz vorne mit dabei zu sein.
    Am 06. November habe ich hier in einem Kommentar erwähnt, dass ich mich wie ein kleines Kind an Heiligabend darüber freuen würde, wenn es eine Live-DVD von dem Berlin Konzert geben würde und den Wunsch habt ihr mir erfüllt! Ein größeres Weihnachtsgeschenk als Onkelz-Fan kann einem gar keiner machen!
    Ich war zu Tränen gerührt darüber, dass ihr meinen Wunsch wahr gemacht habt.
    Was für ein Glück muss man haben?
    Ich danke euch für das Wahnsinns-Erlebnis und für die schönen Momente!

    Für immer Onkelz!

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  5. Taldren - 21. Dezember 2016 18:33

    Absolutes geiles Konzert am Samstagabend in Berlin! Wie ihr ja angekündigt, wird’s darüber ja wohl ne‘ Live DVD geben. Klasse! Die Stimmung war auf jeden Fall megageil…..Kommt bloß bald wieder …

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  6. Frank - 21. Dezember 2016 17:07

    HUHU Böhse Onkel Mann :) Wie war das Konzert ? Ich hoffe das ich mogen wieder bei PPS bin? Das Berliner Konzert wurde Aufgenommen :) Das Freut mich echt sehr ! Reden den morgen auf der Arbeit )))

    Jute Grüße der Kölner

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  7. Elke - 21. Dezember 2016 14:48

    Moin zusammen! Die beiden Konzerte in der Mercedes Benz Arena waren ein Highlight diesen Jahres, saugeil! Und den Leuten, die an der Cocktailbar und im Premiumbereich die Trinkgeldbecher des Personals haben mitgehen lassen, denen mögen die Finger abfaulen. Widerlich finde ich das. Allerdings werden zukünftig diese Becher nicht mehr so leicht abgriffig in Kassennähe stehen. Böhse Grüße und.. frohes Fest!

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  8. Jan - 20. Dezember 2016 21:46

    Hey Hey ihr Freaks :) :) :) :)

    Die Tour ist absolut Mega affen geil….aber ich habe herausgelesen das die DVD wohl wieder in Berlin gedreht wird…..wenn ich ehrlich bin würde ichs schade finden, weil ja bereits 2000 , 2004 die DVD auch in Berlin war und jetzt nochmaaa??…nööööö……büdde büdde Frankfurt oder so :)

    Was auch geil wäre, eine KOMPLETTE VAYA CON TIOZ DVD…MIT…ich betone MIT….DER NETTE MANN….so im Zusatzmaterial oder so :D

    Oder noch EINMAL in der Vergangenheit wühlen und das Lied noch einmal spielen :) :) :) :) :)

    Trotz alledem, Ihr seit die geilsten und es gibt keine bessere Band als Euch.

    L.G. Jan

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  9. david bonow - 20. Dezember 2016 10:25

    vielen Dank für das obergeile Erlebnis!!
    Die letzten 2 Jahre Hockenheim war zwar viel geiler, aber das ich noch erleben darf 5 min von zu Hause ein Konzert von euch ist vieel wert !
    Ich hoffe es gibt einen Nachschlag !!!!!?????
    Wir haben ja noch Zeit ….. Legenden sterben NIE !
    Böhse Grüße von Eurem Neffen david

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  10. Urgestein79 - 20. Dezember 2016 02:16

    Bin mal gespannt wieviele Typen die „noch nie ein Onkelz Konzert gesehen haben“ noch aufgeführt werden… Würde mal meinen Freundes-und Bekanntenkreis überdenken!

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  11. bosc#3630 - 19. Dezember 2016 20:43

    Lieber Marco, lieber Dennis (Gute Besserung, mein Freund!) –

    Berlin II war jetzt doch tatsächlich gerade einmal mein allererstes Konzert der aktuellen Memento-Tour. So spät bin ich noch nie in eine BO-Tour gestartet. Im Zeitraum 1996 – 2016 kamen inzwischen aber immerhin auch schon fast drei Dutzend Auftritte der onkelz bei mir persönlich zusammen. Einmal quer durch die Republik, quasi. Von Lichtenfels, nach München; über Frankfurt bis hoch gen Hamburg; vom Flugplatz Hahn zum Maimarktgelände zum Expo Gelände zum Lausitzring zum Hockenheimring – einmal hin und her, einmal das ganze Land hoch und runter und später natürlich zudem auch immer wieder ins heimatliche Franken zurück. Es bestehen also auch bei mir bereits diverse emotionale Vergleichsmöglichkeiten, bisweilen verklärte Erinnerungen und Erwartungen; an das was ein BO-Konzert ausmacht, an diese einzigartige Atmosphäre und natürlich auch an das gewisse so schwer in Worte zu fassende besondere Etwas. Und nun also: Berlin II.

    ´Wer ist pleite wer ist fertig / Und wer hat es ans Ufer geschafft /& Alle 20 Minuten denkst du an Elliott Smith.´

    Wie sieht’s denn nu´ jetzt aus, in BERLIN ? Ja, mei – zünftig. Was denn auch sonst, bitteschön!

    Berlin war überwältigend, gravitätisch, unerreicht. Wenn endlich wieder durch diesen unvergleichlichen, elementaren, basalen Bass und Schlagzeug – Beat bei ´Nur die Besten sterben jung´ der Hallenboden und die eigenen Erinnerungen zu vibrieren beginnen. ´Die Zeit heilt Wunden, doch vergessen kann ich nicht.´ Wenn Subjekt und Kollektiv ihre somatischen Grenzen überschreiten, in einer kongenialen Visualisierung des Bühnengeschehens, die Band so nahe an den Fanz, wie selten zuvor, so intensiv wie kaum zuvor, so geschlossen, wie wohl schon lange nicht mehr. Wenn man Kevin nun so lebendig im Moment aufgehen sieht, Stephan und Gonzo häufiger direkt nebeneinander jammend beobachten kann und Pe wie immer den musikalischen Anker der Gruppe ausgeworfen hat. Wenn man zurückblickt und gleichzeitig die Zukunft zu sehen bekommt. Dann weiss man, was einem so sehr gefehlt hat. Was euch und uns so sehr gefehlt hat. Berlin II war eine einzige Offenbarung, eine Wiederkehr und ein hoffnungsvoller Ausblick. Die Zeit hat sich verbogen, der Raum hat sich gekrümmt. Wenn man Gravitationswellen jemals am eigenen Körper zu spüren bekommen konnte, dann während dieser zwei Stunden, dieser zwanzig Jahre, dieser 20.000 Herzen und Hände. Eine Reise durch die Zeiten und Orte; durch das nur scheinbar Vergessene und doch allzeit Gegenwärtige; durch die Vergangenheit und direkt in die gemeinsame Zukunft.

    Vielen herzlichen Dank für euren unnachahmlichen Einsatz, für ´Band, Mythos & Legende´. Es war mir eine reine Freude, dabei gewesen zu sein, an diesem besonderen Abend. Eine Ehre.

    chris/
    vivalostioz.

    AUF IMMER ONKELZ.

    PS.: Wer im BO-Tourtagebuch tatsächlich auch noch in der Lage ist, ein Thees Uhlmann Zitat einfach so ungeschoren einzuschmuggeln, der kann ja ganz einfach nur ein Guter sein, gelle… ;)

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  12. Dana - 19. Dezember 2016 19:01

    Danke für die vielen Gänsehautmomente.

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