Das war sie also, die sogenannte Generalprobe der Memento-Tour in Bremen und wir steigen sofort in das Tour-Tagebuch ein, das euch dieses Jahr von Marco und meiner Wenigkeit präsentiert wird.

Unsere Aufgabenbereiche in den nächsten fünf Wochen sind klar definiert. Da wäre zum einen die komplette Online-Berichterstattung, die euch zeitnah, kompetent, eloquent und gut gelaunt mit Worten hinter die Kulissen dieser Mammut-Produktion mitnehmen soll ;-) Im besten Falle gelingt uns das, am Anfang kann es allerdings noch zu ein paar hüftsteifen Formulierungen und mangelndem Wortwitz kommen, wir müssen uns auch ein bisschen warmschreiben. Neben den Tour-Berichten kümmern wir uns um die (ganz wenigen) akkreditierten Pressevertreter, die wir an den Tagen, an denen sie zugegen sind, ein bisschen betreuen werden. In Zusammenarbeit mit meinem guten Kumpel und Onkelz Haus-und-Hof-Fotografen Christian Thiele, werden wir euch ebenfalls mit Bildern und Schnappschüssen versorgen. In der horizontalen, der vertikalen und in allen anderen Lagen, aus denen heraus fotografiert werden kann, wird der Mann für euch und uns Bilder machen. Und dann gehört noch das „VIP- und Gäste-Management“ zu unserer To-Do-Liste. Heißt: Freunde, Bekannte und Verwandte der Band müssen in Listen eingetragen und dann entsprechend betreut werden.

Zurück zu Bremen, direkt hinein in die ÖVB Arena. Unsere Onkelz, motiviert, fleißig und in-Team (womit wir den ersten Wortwitz abgehakt hätten…) wie eh und je, haben direkt nach Veröffentlichung von Memento erst auf Ibiza im Studio, dann in Karlsruhe und zu guter Letzt in Bremen geprobt, damit nicht erst zum offiziellen Start der Memento-Tour am kommenden Montag in Frankfurt alles sitzt, sondern eben auch zum inoffiziellen Kick-Of in der Hansestadt. Ursprünglich war sogar einst geplant, die komplette Vorproduktion im französischen Metz durchzuziehen. Schnell stieß man da aber an die Grenzen des technisch und logistisch machbaren. Die Bühne – mit all ihren UFO-Anleihen und High-Tech „State of the Art Technologien“, war einfach viel zu fett, sperrig und voluminös, und so entschloss man sich produktionsintern dazu, die letzten Tage bei vollem Licht und vollem Sound in der ÖVB-Arena in Bremen abzureißen. Und weil Bremen eigentlich schon immer eine Onkelz-Stadt war (man erinnere sich doch bitte noch mal kurz mit Wohlwollen an die tollen und ebenso notwendigen „Rock gegen rechte Gewalt“ Konzerte in den 90ern und 2001), bei der eigentlichen Tour-Planung aber nicht berücksichtigt wurde, kommt ihr ins Spiel.

Als ich gegen 14.00 Uhr am Showtag in Bremen und in der Arena ankomme, wird noch fleißig von allen an allem gearbeitet. Ich begrüße gute Bekannte jüngerer Produktionen, die bewährte Onkelz-Crew (Micha Mainx, Peter Falke, Stefan Kempe, Lars Heineke, Gerd Gruß, Markus Hollmann und viele viele mehr), die schon seit aberwitzig vielen Jahren dafür Sorge trägt, dass jeder Stein ins Gesamtgefüge passt und mache mich dann daran, meinen Arbeitsbereich zu sondieren. Was am Anfang solch einer Reise völlig klar und daher umso verständlicher ist: gewerksintern läuft noch nicht alles rund. Es gibt – allein aufgrund der schieren Anzahl verschiedenster Crew-Member aus verschiedensten Firmen – ein paar Kommunikationsschwierigkeiten, und irgendwann gegen 17.30 Uhr beziehe ich meinen Platz an der Gästeliste, die ich an diesem Abend verarzten soll. Leider verpasse ich so ein gutes Stück der Show, schaffe es erst zu „Auf die Freundschaft“ in die Halle, weil vier Leute, die auf der Liste standen, nicht erschienen sind, und kann euch daher leider keine brandheißen, völlig subjektiven Informationen zu den ersten Songs bieten. Wie ich später hörte, hat wohl der Anfang des Konzerts noch ein bisschen gehakt, aber spätestens ab meiner Beobachtung der Show lief alles wie am Schnürchen.

Wie haben euch das Intro, „Gott hat ein Problem“ als Opener und dann das Mörderbrett „10 Jahre“ gefallen? Ich freue mich darauf, die Dinger dann endlich in Frankfurt mal vor den Latz geknallt zu bekommen. Ganz besonders gefreut habe ich mich auf den „Schutzgeist der Scheiße“. Das Stück, vom 2000er „Bösen Märchen aus tausend finsteren Nächten“, zählt, wenn die Band und vor allem Kevin gut eingespielt sind, zu den besten Midtempo-Live-Nummern der Onkelz-Alben des neuen Jahrtausends. Ihr habt es ja selbst gesehen. Ich hatte jedenfalls eine Gänsehaut nach der anderen. Was für ein bärenstarker Song das ist – immer noch, nach 16 Jahren. „Lieber stehend sterben“ war für mich ebenfalls eine echte Überraschung. Ich finde die Grundaussage, dieses kultivierte „Wir gegen die“- Gefühl, das der Song (nicht nur als einziges, aber ausdrucksstärkstes Statement) wiedergibt, einfach überragend für das Live-Erlebnis einer Onkelz-Show. Mal ganz davon abgesehen, dass das Teil wie ein Berserker nach vorne prescht. Ebenfalls schön, dass man den Song während der Hockenheim-Jahre 2014 und 015 ausgespart hatte, um ihn dann gestern wiederzubeleben. Es dürfte zahlreiche Fans von euch geben, die mit dem Song ihre erste Berührung mit den Onkelz überhaupt hatten und um die es dann völlig geschehen war. Kampf- aber nicht willenlos dem Onkelzvirus erlegen, damals – Neunzehnhundertdreiundneunzig.

Es gäbe unzählige weitere Highlights aufzuzählen. „Wo auch immer wir stehen“ funktioniert live bestens und Gonzos geniales Anheizer-Riff vor dem eigentlichen Einstieg zu „Auf gute Freunde“ darf keines Falls unerwähnt bleiben. Ebenso wenig die neue Interaktion während des Songs zwischen Band und euch. Das mitanzusehen hat großen Spaß gemacht. Stephan hielt sich ein bisschen mit der Länge der Ansagen zurück, manche Stücke griffen einfach so harmonisch ins nächste und rundeten perfekt ab. Nach „Erinnerungen“ und insgesamt 23 Songs war Feierabend. Eine sehr stattliche Anzahl feinster A-Ware aus dem Onkelz-Katalog, garniert mit dem aus Bandsicht livetauglichsten MEMENTO Material. Keine Füller – die Schlagzahl immer am Limit haltend, mit nur wenig Verschnaufpausen. Wenn es welche gab, trugen die dann auch („Wieder mal `nen Tag verschenkt“) ungemein zur einmaligen Atmosphäre bei. Die Stimmung? Wie für die guten bis frenetischen Konzerte in der Bremer-Onkelz-Historie üblich: sehr gut, mit ein bisschen Luft nach oben für die folgenden Shows. Auch das ist völlig normal zum Anfang einer Tour. Ich persönlich habe „Nichts ist für die Ewigkeit“ vermisst, ihr auch? Warten wir ab, ob wir den Song noch geschenkt bekommen, oder ob er draußen bleibt.

Lasst uns noch ein paar Sätze zur Bühne loswerden. Leinwände rückseitig, LEDs wohin das Auge reicht, ein fahrbares Drumkit, Leinwände an der Decke, den Seiten, „Mini-Bühnen“ links und rechts auf einem Podest, eine Art schwebende, geometrische Konstruktion über den Köpfen von euch und so weiter. Ab Frankfurt gibt es dann auch handfeste Zahlen zu der Produktion für alle Statistikliebhaber unter euch.

Nach der Show trifft sich die Band noch mit einer kleinen Menge an Freunden und Bekannten in extra dafür eingerichteten Räumen. Bei Kaltgetränken und Häppchen wird noch bis kurz nach Mitternacht gelacht und die ein oder andere Anekdote zum Besten gegeben. Thomas Kupfer vom Rock Hard war ebenso anwesend, wie Tommi von Toxpack und eine Handvoll weiterer netter Menschen.

Aller Anfang ist schwer, so sagt man. Mich nerven diese ganzen Altherren-Sprichwörter. Der Anfang hier in Bremen, der war nicht schwer. Der hat außerordentlich viel Freude und Lust gemacht. Lust auf mehr Onkelz in diesen, euren Wohnzimmern. Für Frankfurt I bekommt ihr von Herrn Marco Matthes was zu lesen.

Bis dahin,
Dennis Diel

Alle Fotos: Christian Thiele Fotografie