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Als klar wird, dass die Onkelz am 20. Juni 2014 ihre Reunion am Hockenheimring feiern werden, gibt es nur noch eine Frage, die für die hunderttausenden Fans von Interesse ist: Wo können sie Tickets kaufen? Der Vorverkauf startet Anfang Februar über den Dienstleister „Ticketmaster“ und es sollte der helle Wahnsinn werden, anders konnte man es selbst wohlwollend nicht beschreiben. Keine 45 Minuten hatte diese Band gebraucht, um eine Menge von 100.000 Karten abzusetzen. Stundenlanges Warten in einer virtuellen Warteschlange, selbstbedruckte T-Shirts mit „Ticketmaster Warteschlange 2014 – Ich war dabei!“ und „I survived the Ticketmaster Warteschlange!“ sind die Versuche der Fans, mit der Enttäuschung keine Karten bekommen zu haben, locker umzugehen. Den B.O.S.C. Mitgliedern gibt man die Möglichkeit, etwas eher auf die Server zuzugreifen, was auch die meisten von ihnen genutzt haben dürften. Nicht nur, um für sich Karten zu bestellen. Ein Ärgernis ist, dass viele Karten der B.O.S.C. Mitglieder und anderer Fans bei Online-Auktionshäusern landen und zu Mondpreisen angeboten werden.

Aus nicht nur dieser Konsequenz heraus wird das Zusatzkonzert angekündigt, das nur einen Tag später stattfinden soll. Same Procedure as last time. Wer sich registriert hatte, bekommt einen Link, darf dann…warten und hoffen. Dieses Mal dauert es nur 35 Minuten, da sind 100.000 Tickets vergriffen. In Frankfurt ist man sprachlos.

Wie würde die Presse auf die Reunion und die geplanten Konzerte reagieren? Ein Raunen geht durch die Presse- und Medienlandschaft, als sie die mitbekommen, welche Band da gerade im Begriff ist, mit einem Knall zurückzukehren.

Während einige Online-News-Portale News im Tenor: „Super, Glückwunsch!“ bringen, schreiben andere den Onkelz auch im Jahre 2014 keine Veränderung, Bewusstwerdung oder eine Abkehr von rechtsaußen zu.

Der Stern titelt: „Droht die Rückkehr der Böhsen Onkelz?“, die BILD ist in voller Sorge: „Kommt die schlimmste Band Deutschlands zurück?

Die Rheinische Post weiß zu berichten: „In den folgenden Jahren wandten sich die Bandmitglieder von der rechten Szene ab. Sie änderten zwar nicht ihren Namen, gaben sich aber geläutert…

Der Freitag will genau wissen, warum sich eine 88 auf das Bandfoto der frisch reunierten Böhsen Onkelz geschlichen hat: „Nicht schlecht staunen konnten sogar eingeschworene Onkelz-Kritiker ob des ersten veröffentlichten Bandbildes in diesem Jahr. Ganz unten, ganz rechts (Haha!) findet sich eine deutlich sichtbare „88“. In Nazikreisen ist das ein gern vorgezeigtes, weil nicht verbotenes, Kürzel für „Heil Hitler“. Absicht oder schlicht übersehen bei der Bildauswahl? Das spielt kaum eine Rolle, passt es doch perfekt in die schon immer praktizierte Linie der zwar offiziellen Distanzierung von der Szene – die aber immer wieder geradezu augenzwinkernd subtextuell durchbrochen wird…“

Die ominöse Achtundachtzig, die zu sehen war, war nur ein Ausschnitt einer längeren Zahl, die sich versehentlich und unter dem Radar aller prüfenden Augen auf das Bild der Reunion 2014 geschlichen hatte. Natürlich ließ sich so für die Denkschwachen ein prima Skandal konstruieren. So zog sich der Rummel durch die deutsche Presselandschaft. Die Redaktionen schrieben wieder einmal voneinander ab. Es war wirklich amüsant – ärgern konnte man sich schon lange nicht mehr über das, was da so geschrieben oder gesendet wurde.

Der Metal Hammer ist das erste Magazin, das mit den Onkelz über die Reunion spricht. Eine große, informative Titelstory widmet man der Band.

Auszüge:

„Nichts ist für die Ewigkeit“ heißt einer Eurer größten Hits, der wohl nie aktueller war als heute: Was hat Euch dazu bewegt, die Onkelz neun Jahre nach dem Ableben wieder auferstehen zu lassen?

Gonzo: Ehrlich gesagt, war die Zeit einfach reif. Alles kam ganz plötzlich, so plötzlich, wenn du mich drei Tage vorher gefragt hättest, ich hätte es nicht für möglich gehalten. Das Gefühl für die Onkelz hat sich bei mir sozusagen über Nacht wieder eingestellt, als ob man einen Schalter umgelegt hätte.!

Pe: Ich wollte damals das Ende der Onkelz nicht. Auch wenn es im Nachhinein betrachtet für die persönliche Entwicklung jedes Bandmitglieds das Beste war. Wohl die Wenigsten hätten gedacht, dass Kevin jemals wieder ins Diesseits zurückkehren würde. Wer ihn kannte, wusste, wie kaputt er war… Es ist ein Wunder, dass er es geschafft hat. Als Stephan und ich Kevin 2011 in der therapeutischen Einrichtung besuchten, strahlte er nur so von positiver Energie und Lebensfreude. Das war inspirierend! Wir freuten uns über Kevins Klarheit und flachsten über eine Wiederbelebung der Band. Im Sommer 2013 trafen Kevin, Stephan und ich uns in Hannover beim einem Event der Plattenfirma. Meetings zu dritt waren eine absolute Ausnahme, zu viert zu dem damaligen Zeitpunkt sogar undenkbar.

Stephan: Wir hatten alle das Bedürfnis, etwas gerade zu rücken. Kevins „Auferstehung“ und die aus der Welt geschafften Querelen zwischen Gonzo und mir waren ausschlaggebend, sich endgültig mit diesem Gedanken auseinanderzusetzen. Spätestens nach Kevins Autounfall bröckelte das Ansehen der Onkelz derart, das es mir einfach nur noch weh tat. Wir haben es unseren Fans in den letzten Jahren nicht immer leicht gemacht, die Onkelz-Fahne hochzuhalten. Es war stellenweise schon beschämend, was wir ablieferten. Wir beraubten uns selbst unserer Magie, und drückten unseren Kritikern eine geladene Waffe in die Hand. Krise und Verfall wurden mit Gelächter begrüßt und beklatscht. Dies als letzte Erinnerung an die Onkelz stehen zu lassen, wäre einem Kollateralschaden gleichgekommen. Unverzeihlich.

Kevin: Ich bin mir bewusst, dass meine Drogensucht hauptverantwortlich für den Split der Onkelz war. Wahr ist auch: Wir haben uns in der Zeit danach schon ein wenig voneinander entfernt. Es ist nix Schlimmes vorgefallen, aber genug, um ein Comeback erstmal zu verhindern.

Was bedeutet diese Reunion für euch persönlich?

Stephan: Am Glücklichsten macht mich, das die Spannungen zwischen Gonzo und mir es nicht geschafft haben, das zu zerstören, was wir 25 Jahre lang miteinander geteilt haben. Kevin bekommt zudem die Gelegenheit, ein Onkelz-Konzert nüchtern zu erleben: auf seinem geistigen Höhepunkt, frei von Dämonen, Drogen und Alkohol. Auch das ist eine Antriebsfeder.

Kevin: Die Onkelz sind auf immer und ewig in meinem Leben verankert. Das war ein geiles Lebensgefühl und hat mich jahrelang getragen. Das Konzert am Lausitzring konnte ich aus genannten Gründen leider nicht bewusst genießen. Die Verabschiedung war von meiner Seite damals unter aller Sau. Deswegen ist das eine so große Sache für mich. Diese Rückkehr stellt eine Wiedergutmachung an mich und die Fans dar.

Gonzo: Ich freue mich ganz einfach. Die Onkelz sind eine großartige Band, nein, sie sind viel mehr als das! Ich selbst habe ja auch sehr viele MGR Konzerte gespielt, ich habe gesehen wie eine ganz neue Generation Fans nachgewachsen ist – und die haben die Onkelz nie Live gesehen. Ich freue mich den Kids jetzt den Ursprung von so vielem in der deutsch rockenden Musikszene präsentieren zu können, ihnen zu zeigen, dass eine Band aus so viel mehr als vier Musikern und drei Akkorden besteht.

Pe: Band und Publikum stellten bei den Onkelz immer eine energiegeladene Einheit dar, die süchtig macht. Ich bin froh, dass die negative Energie innerhalb der Band vorbei ist. Das hat jahrelang genervt. Ich bin hoch motiviert und übe wieder täglich Drums, was ich in den letzten neun Jahren eher selten gemacht habe. Ich hätte nie gedacht, dass mir das noch mal richtig Laune bereitet.

Kevin: Die Leute sind so geil auf die Onkelz – sie wollen dieses Comeback!

Welche Atmosphäre herrschte denn bei den klärenden Gesprächen im Vorfeld der Reunion?

Pe: Ich war eigentlich immer für ein Comeback, habe aber kein Licht am Ende des Tunnels gesehen. Die Dinge fügten sich nun aber zusammen. Kevin war clean, Stephan willig und zuguterletzt hat Gonzo auch noch unerwartet auf grün geschaltet und den Fuß aufs Gaspedal gesetzt.

Gonzo: Die Hürde war ein gemeinsames Meeting aller Onkelz in Frankfurt. Pe und Kevin hatte ich schon einige Wochen vorher, ebenfalls in Frankfurt, gesehen. Bei diesem Gespräch konnte ich mich überhaupt noch nicht mit dem Gedanken anfreunden, auch Stephan zu treffen. Also kam Spannung auf, wie das erste Wiedersehen zwischen ihm und mir nach so vielen Jahren wohl ablaufen würde. Um es kurz zu machen: Es war sehr positiv. Wir haben uns in die Augen gesehen, uns die Hand gegeben und gefragt wie es geht Es fühlte sich gut und normal an. Wir haben uns an diesem Nachmittag alle vier unterhalten, jeder hat beschrieben, was ihn bewegt. Wir haben gescherzt, gelacht und besprochen, wie wir eine mögliche Reunion angehen wollen.

Stephan: Kevin und Pe waren sicherlich die treibenden Kräfte. Die Atmosphäre an diesem Tag war mehr als entspannt, fast so als wäre nichts gewesen. Erkläre das mal einem! (lacht) Gonzo und ich telefonieren mittlerweile fast täglich. Es gibt keine Spannungen mehr zwischen uns. Man merkte an diesem Tag, welche Last von uns abfiel.

Pe: All das passierte übrigens am 23. Oktober 2013– dieses Datum besiegelt unsere Wiedervereinigung!

Gonzo: Es gab eine Menge Unausgesprochenes. Vieles wurde, auch bedingt durch die damalige Situation, einfach nicht verarbeitet, hatte sich aufgestaut. Das ist dann an die Oberfläche gekommen und hat zu den beschriebenen Auswüchsen geführt. Aber ehrlich gesagt ist das nichts, was unser Verhältnis nachträglich trüben kann. Wir sind zu viele Meilen zusammen unterwegs gewesen und haben zu viel Schönes zusammen erlebt. Das hat zu einem ganz besonderen Verhältnis geführt.

Gab es auch gewichtige Argumente gegen eine Rückkehr bei diesen Gesprächen?

Stephan: Klar gab es die. Reichlich. Wir hatten die Tür hinter uns geschlossen, mit 120.000 Fans unseren Abschied gefeiert und beweint. Nun strafen wir uns Lügen. Das Risiko ist, unglaubwürdig zu erscheinen. Darüber sind wir uns im Klaren.

Gonzo: Ja, gerade Stephan hat sich Sorgen gemacht. Er wollte auf keinen Fall, dass wir unglaubwürdig werden, wenn wir unsere Entscheidung, die Band nie wieder auferstehen zu lassen, rückgängig machen. Aber jetzt mal im Ernst: Welcher Fan hat sich die Band nicht zurück gewünscht? Ich glaube, dass 99,9 Prozent dieser Reunion positiv gegenüber stehen und einen Scheiß darauf geben, was gesagt worden ist.

Kevin: Stephan hatte ja immer die Befürchtung, als alter Mann auf der Bühne zu enden – ja, scheiß drauf! Wir sind allesamt keine Rock-Opas! Ich fühle mich immer noch jung genug, um das Programm von den Onkelz durchzuziehen.

Pe: Diese Bedenken hatten keine Überlebenschance – der Trieb war zu groß.

Kevin: Ich persönlich denke nicht an Risiken. Wir gehen in Originalbesetzung auf die Bühne und rocken unsere alten Songs. Wenn ich sehe, wie die Jungs drauf sind – da spüre ich ein Gemeinschaftsgefühl, wie es ganz, ganz früher mal der Fall war.

Wie ist es denn um die Bandhygiene 2014 bestellt?

Gonzo: Wenn Probleme Auftreten, werden sie sofort gelöst. Wir wissen, dass wir sehr unterschiedliche Persönlichkeiten sind und akzeptieren die Eigenarten des anderen. Denn die Eigenarten sind es, die uns zu dem gemacht haben, was wir heute sind.

Pe: Gegenseitiger Respekt wird groß geschrieben. Die aktuelle Situation wird hoch geschätzt – man weiß, was man voneinander hat. Da verstehen sich viele Dinge von selbst und man muss nicht viel klären. Zuvor wurde aber schon einiges bei ´nem Bier ausgeräumt…

Stephan: Ich hatte persönlich nicht das Gefühl, das wir vor dem Split Probleme miteinander hatten, Kevin’s Drogensucht mal ausgenommen. Kreativ gab es nie böses Blut, im Gegenteil, Jams und Songwriting empfand ich immer als besonders angenehm. Wir alle genießen unsere „Wiedervereinigung“ und freuen uns tierisch dies mit unseren Fans gebührend zu feiern. Die Onkelz sind wieder E.I.N.S., und wir haben einen Auftrag!

Kevin: Alle haben kapiert, dass der ganze Zoff völlig unnötig war. Jeder musste ein paar Kröten in den Gesprächen schlucken. Wir haben ein Super-Verhältnis und sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Jetzt müssen wir das auch auf der Bühne zeigen!

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SAT.1 darf im Frühstücksfernsehen ganz offen die Band diffamieren, woraufhin tausende Onkelz-Fans das Facebook-Profil der Sendung mit einem Shitstorm der heftigeren Art überfluten. Daraufhin lädt man einen Tag später Klaus Farin ein und entschuldigt sich öffentlich für das falsche Bild, das man „versehentlich“ von der Band gezeichnet hatte.

Einslive fragt im Frühjahr 2014 bei der E.I.N.S. GmbH nach einem Interviewtermin mit der kompletten Band an, der einstimmig abgelehnt wird (genau wie mehrere Dutzend weitere Interviewanfragen diversester Medienvertreter), den Radiosender aber nicht davon abhält, dem Phänomen „Böhse Onkelz“ dennoch eine Stunde Sendezeit zu widmen. Das Ergebnis ist der wenigstens einigermaßen objektive Versuch, den Erfolg der Band und den Zusammenhalt der Fans zu beleuchten, ohne ständig Klischeevorstellungen zu bedienen. Es kommen u.a. Klaus Farin und Onkelz Fans- und Gegner (u.a. Klaus „Holzweg“ Walter) zu Wort.