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In England erfährt die Punkbewegung von Seiten der Medien die gleiche Ignoranz wie in Deutschland und viele Gruppen und Grüppchen, die als Punkbands angefangen haben, richten sich nun an der neuen Oi-Bewegung aus. Initiator ist die Band „Cockney Rejects“, eine fussballbegeisterte unpolitische Milieu-Band aus der Londoner Arbeiterklasse, die es sich zum Markenzeichen macht, ihre Songs auf der Bühne mit einem hastigen „Oi, Oi, Oi“ (Cockney Slang für „Hey“) anzuzählen.
„Oi“ wird innerhalb kürzester Zeit ein Schlachtruf für eine ganze Generation von jugendlichen Working-Class-Kids, die kaum der Pubertät entwachsen, sich am Wochenende im Stadion mit gegnerischen Fans prügeln. Oi bedeutet zunächst, unpolitisch zu sein, schnellen Punk mit harten Texten zu singen und vor nichts und niemandem zurückzuweichen.
Oi! ist ein Auffangbecken all derer, die auf die Kommerzialisierung des Punk keinen Bock haben. Eben etwas weniger „verdreckt“ gekleidet, dafür weitaus provokanter. Unpolitisch, auf jeden Fall. So fängt die Szene zumindest an. Die ersten Irokesen weichen einer Kurzhaarfrisur, Lederjacken werden gegen Bomberjacken getauscht und Dr. Martens, schon zu Punkzeiten eine beliebte Schuhmarke, gehören an jeden Fuß. Fußball spielt eine große Rolle. Egal, ob in England oder in Deutschland, wo der Trend des Oi! mit ein paar Jahren Verspätung ankommt, und nicht minder viele Alt-Punks fasziniert.
Neben den Cockney Rejects gibt es noch eine große Anzahl an Oi Bands, die dem neuen Trend zu einem schnellen Aufstieg verhelfen. Während Bands wie Slime aus Hamburg den radikalen linken Weg einschlagen, springen die Onkelz zunächst auf den unpolitischen Oi-Zug auf, der ihnen Gelegenheit genug bietet, ihrem Ärger Luft zu machen. Songs wie „Religion“, „Hippies“ und „Oi, Oi, Oi“ sollen als Nachweis genügen. In Fußballstadien, in Kneipen und Szene-Clubs ist fortan eine gesunde Mischung vorzufinden. Ab 1983 in Deutschland, bilden sich in Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt und anderen größeren Städten die ersten Skinheads, die den Oi! Trend aufgreifen und konsequent fortsetzten. Natürlich gibt es damals noch keine Untergruppen bei den Glatzen. Das geschieht erst ein-zwei Jahre später. Entweder ist man Skinhead, dann hat man gefälligst unpolitisch zu sein, oder man ist keiner. Moderegeln und Musik, Fußball und latente Gewaltbereitschaft sind das, was die frühe Oi! und Skinhead-Szene ausmacht.
Es ist an dieser Stelle unerlässlich, noch mal genauer auf die Entstehung der Skinhead-Szene einzugehen. Wer sich darüber hinaus dafür interessiert, der darf gerne auf die wenigen (objektiv berichtenden) Bücher zurückgreifen, die es auf dem Markt gibt. Unter anderem die, des Archivs der Jugendkulturen in Berlin, und hier im Besonderen die Lektüren von Klaus Farin, der der Skinhead-Bewegung mehrere Kapitel seiner Autorenzeit gewidmet hat.
Eine Kurzform könnte in etwa so aussehen:
Die erste Generation der Skinheads geht nachweislich auf das Jahr 1969 (Spirit of 69) zurück. Irgendwo in England hingen Arbeiterkids; schwarze und weiße gemeinsam ab, teilten ihre Schallplatten, ihr Lager und ihre Bong und hörten Musik. Reggea, Ska, Soul und Punk. Entstanden, zusammen mit den schwarzen, jamaikanischen Einwanderern aus der „Rude Boy“ Bewegung, wurde die erste Welle an Glatzen gegen Ende der Siebziger politisiert. Von einer extrem rechten Bewegung. Auf Schulhöfen, in Fußballstadien und Clubs hingen die Parteirekruten wie Zecken ab, die auf ihren Wirt warteten – und wurden oftmals schneller fündig, als sie gucken konnten. Dann sangen sie einem ihren Wahnsinn ins Ohr und irgendwann wurde in England nicht mehr sortiert.
Da galt das Gleichnis: Skinhead = Nazi. Erst die Oi! Bewegung in den frühen Achtzigern konnte dafür sorgen, dass viele traditionelle Skins wieder Spaß an ihren Hosenträgern hatten. Dann erreicht auch Oi! das Festland. Und irgendwann – wie bereits beschrieben – Frankfurt. Punk „sein“ ist zur Mode verkommen. „No Future“ ziert mittlerweile Plakattafeln und pfiffige Redakteure zerren die ersten Punks vor die Mikrofone und helfen dabei, eine weitere Jugendbewegung zu kommerzialisieren. Die Onkelz steigen aus. Gonzo ist einer der ersten in der Band, der sich den Kopf rasiert – völlig im Flash der frischen, unverbrauchten Oi! Bewegung aus England. Der Rest der Band folgt. Und fortan tauscht man die Lumpen gegen das, was bis heute als die typische Glatzenmode angesehen wird. Bomberjacke, Fred Perry Polo, Jeans und Boots, oder Converse. Und natürlich Hosenträger, schmale – keine peinlich breiten.
1983 beginnen die Böhsen Onkelz von der Oi-Bewegung in die Skinheadszene zu rutschen. Sowohl Stephan, als auch Gonzo haben sich bereits den Schädel rasiert und Stephan schreibt die ersten Lieder, die sich explizit mit dem Thema „Skinhead“ befassen. Der Ska-Einfluss ist zwar noch zu spüren, und auch der Bezug zur Arbeiterklasse, aber diese Einstellung wird aufgrund der politischen Einmischung in die Szene schnell verwässert.
Kevin beginnt 1983 seine Lehre als Schiffsmechaniker in Hamburg, ist bald als Matrose in Richtung Sibirien unterwegs und steht der Band nur sporadisch zur Verfügung. Gleichzeitig beginnt er, bedingt durch seine frühen Kindesjahre in Hamburg und durch seine Wochenendaufenthalte bei seiner Großmutter in der Hansestadt, in die radikale Hamburger Glatzen-Szene einzutauchen. Der Schritt von dort in die HSV-Fußball-Fan-Bewegung ist nicht weit. Stephan hält sich als inzwischen verheirateter Mann mit Gelgenheitsjobs über Wasser, während Gonzo seinen Wehrdienst bei der Marine in Norddeutschland absolviert und Pe als Schweißer arbeitet.