Timeline

zurück

Ende 1983 zeichnet das ZDF eine Folge der Serie „Kinder Kinder“ auf. Der Beitrag mit dem Titel „Von allen guten Vorbildern verlassen“ schildert die täglichen Probleme einer allein erziehenden Mutter von drei Söhnen in Frankfurt. Zwei ihrer Söhne, Ben (16) und Jockel (13), sind Skinheads. Gezeigt wird eine Skinheadparty in Bens Keller zu deren Gästen auch Kevin Russell gehört.

Am 26.01.1984 strahlt das ZDF den Beitrag aus. Dieses Filmdokument mit einem Statement von Kevin ist das älteste noch erhaltene Filmmaterial, auf das wir hier im Onkelz Archiv zurückgreifen können. Wir haben uns dazu entschlossen, euch einen kleinen Teil des Films hier zu zeigen. Zum einen wird deutlich, wie Kevin 1984 über Nazis gedacht hat, zum anderen kommen noch andere Frankfurter Skinheads zu Wort. So entsteht ein einigermaßen objektiver Eindruck über die Zusammensetzung der frühen Skinhead Bewegung in Frankfurt am Main.

 

Kevin ist zu diesem Zeitpunkt auf dem Wege, zur Symbolfigur und Aushängeschild der deutschen Skinhead-Bewegung zu werden.

Doch trotz seines harten Auftretens, seiner schillernden Autorität innerhalb der engen Maschen der Glatzen, zeichnet sich die Tragödie bereits ab. Russell tritt in dieser Zeit äußerst gewalttätig auf und versucht seine eigene Unsicherheit hinter gnadenloser Gewalt und bedingungsloser Provokation zu verstecken. Er treibt den Alkoholkonsum auf die Spitze und Schlägereien finden täglich statt. Oftmals lässt er sich von seinen Hamburger Freunden (die ganz besonders weit rechts stehen und ganz besonders brutal in Erscheinung treten) mitreißen und schnell wird aus der anfänglich nicht zielgerichteten Gewalt ein glühender Hass gegen alles Fremde.

Man muss hier darauf hinweisen, dass Kevin zu diesem Zeitpunkt ein sehr leicht zu beeinflussender Mensch ist, dem es wesentlich an Selbstvertrauen und Einsicht mangelt und der der Meinung ist, dass andere Menschen an seinem zerstörten Familienhaus und an seinen persönlichen Problemen Schuld sind. Seinen Äußerungen und seinem Handeln mangelt es ebenfalls an jeglichem intellektuellem oder ideologischem Hintergrund und so reichen sie für eine Zuordnung in ein politisches Lager nicht aus. Ausländerfeindlich, brutal und gewalttätig ist er jedoch allemal, was ihm oft einen Streit mit den anderen Bandmitgliedern einbringt, die der Meinung sind, dass das Skinheadsein sich nicht auf Gewalt und Härte beschränken sollte. Seine Zerstörungswut drückt sich zunächst in seinen Schlägereien und seinen Tattoos aus, die er sich selber sticht und später auch in seinem Alkohol- und Drogenkonsum, die bald in Autoagression und Sucht umschlagen.