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Schrieb ich in meinem Konzertbericht aus Stuttgart noch vom Gefühl der einsetzenden Wehmut mit Blick auf das Tournee-Ende am Horizont, sind wir nun in München wohl endgültig auf der Zielgerade dieser Tour 2022 angekommen. Kinder, wie die Zeit vergeht! Schon Platon schrieb davon, dass all jene, die genügend Wachs auf der Seele haben, dort auch ihre Eindrücke tief und dauerhaft verewigen könnten. Gut, nun weiß ich gerade nicht ganz genau, wie viel Wachs ich noch auf meiner Seele habe, aber die Konzerte rasen an mir vorbei und damit auch unzählige Eindrücke, die es anschließend zu verarbeiten gilt. Diese Konzertberichte geben mir daher auch immer wieder die Möglichkeit, in einer ruhigen Minute all das, was wir gemeinsam Abend für Abend erlebt haben, aufs Papier zu bringen und zu verewigen. 

Mittlerweile ist es schon wieder früher Morgen, ich glaube, heute ist Freitag. So genau kann ich das offen gestanden aber gar nicht sagen. Man ist auf so einer Tour ja irgendwie auch in einer Art Blase, in der die Uhren etwas anders ticken, als im normalen Alltag. Was ich aber sicher sagen kann ist, dass nun auch beide Konzerttage in München im Tourbuch der Erinnerungen hiermit verewigt werden.

Drei Tage zuvor. Off-Day. Von Nürnberg ging es noch in der Nacht weiter nach München, wo wir noch vor Sonnenaufgang gegen halb fünf in der Früh am Hotel ankamen. Das Wetter in München war tagsüber großartig und so bot es sich an, den freien Tag zu nutzen, um München, Land und Leute etwas näher kennenzulernen. Ein Teil der Crew setzte sich zudem parallel in Richtung des Oktoberfestes in Bewegung und nutzte das dortige kulturelle Angebot, denn Kultur ist selbstverständlich immer wichtig. Viel Zeit zum Entspannen blieb allerdings nicht, denn in München sollten beide Konzerttage filmisch begleitet werden, was wiederum beim Aufbau und in der Planung vorab berücksichtigt werden musste. 

Die Olympiahalle, umgeben von viel Grün und Wasser, bot uns bereits in der Anfahrt eine schöne Kulisse. Die Sonne meinte es ebenfalls gut mit uns und den bereits früh vor der Halle wartenden Fans. Ich nutze den Moment für einen kurzen Gedanken ins Jahr 2016, als wir im Rahmen der Memento-Tour hier ebenfalls für zwei Tage im Dezember gastierten. Und immer wieder erinnere ich mich in diesem Zusammenhang gern an den Kontakt im Vorfeld der Konzerte mit der Süddeutschen Zeitung. Diese sahen damals eine Art Anrecht zur Akkreditierung darin, dass im Rahmen der Renovierung der Olympiahalle ja Steuergelder verwendet worden seien, was schließlich jeden Steuerzahler auch berechtigen würde zu wissen, wer oder was sich da in der Olympiahalle so abspielen würde. Achja, immer wieder schön. Könnt ihr übrigens so auch nochmal in unserer Timeline nachlesen, solltet ihr mal schlecht drauf sein. Hilft immer!  Diesmal gab es leider keine entsprechende Anfrage der Süddeutschen. Machte aber nichts, denn unsere Stimmung war ohnehin schon bestens. 

Die Stimmung am ersten Tag in München erinnerte mich dann doch etwas an die Formkurve des FC Bayern: Irgendwas zwischen großer Qualität und unendlich viel Potential, allerdings dieses nicht so richtig auf die Straße bringen. So ähnlich fühlte sich für mich der erste Tag auch an. Das ist im Übrigen auch der Grund, warum ich mich entschieden habe, den ersten und den zweiten Tag in München als einen Bericht zu schreiben. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Der erste Konzerttag war eine sehr solide Show und jeder, der nur diesen Konzert  isoliert betrachtet und besucht hat, wird ganz sicher ein berauschendes Fest wahrgenommen und auch erlebt haben, aber mit Blick auf das, was hier sonst so ging und was bisher auf der Tour ablief, war die Show dann doch insgesamt eher verhalten. Umso gespannter war ich, ob der zweite Tag, ähnlich wie wir das in Berlin erlebt haben, den beschriebenen Eindruck negieren kann. Und München, ja verdammt, ihr könnt es doch! Aber dazu gleich mehr. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle noch angemerkt, dass auch das allseits beliebte “Oooooooh” nach “Terpentin” am ersten Tag deutlich hinter der Länge von Nürnberg rangierte. 

Der zweite Tag hatte hier allerdings schon deutlich mehr zu bieten. Offengestanden hatte ich den Eindruck, wir sind entweder in einer anderen Stadt, oder aber das gesamte Publikum des ersten Tages wurde einmal komplett ausgetauscht. Das war eine 180-Grad-Drehung, wie sie im Buche steht. Wahnsinn! Von der ersten bis zur letzten Note: Dauerbeschallung im Chor in Richtung der PA. Pogo im Innenraum, tausende Hände in Richtung des Hallendachs. München hatte einiges zu bieten. Genau das richtige Ambiente für die bereits angesprochene Aufzeichnung des Konzerts. Hier zeigte sich für mich auch, wie die Stimmung einer Show immer auch ein Wechselspiel zwischen Band und euch Fans ist und wie diese beiden magnetischen Felder zueinander stehen müssen, um die Energie zu erzeugen, die ein Konzert der Onkelz so besonders macht. Und wenn ich dieser Tage und während der gesamten Tour mit Fans spreche, die teils ihr erstes Onkelz-Konzert besuchen, dann ist es immer auch die Energie, die als so besonders wahrgenommen wird und in Erinnerung bleibt. 

Die vier Onkelz spielen auch am zweiten Tag eine nahezu fehlerfreie Show und ich frage mich einmal mehr, woher sie diese unerschütterliche Spielfreude nach bereits 15 gespielten Shows dieser Tour noch nehmen. Wenn uns diese Stimmung, diese Welle auch noch bis nach Köln trägt, wovon ich ausgehe, dann wird die Tour 2022 zweifelsfrei in die Geschichte der besten Tourneen der Onkelz eingehen, da lege ich mich schon jetzt fest.

Und München? Die hatten richtig Bock, sangen, klatschten und tanzten in die Nacht und knackten ganz nebenbei und wie selbstverständlich auch den Rekord der längsten “Oooooohs” nach “Terpentin”. Bei fast fünf Minuten Dauerchor stoppte meine Uhr am zweiten Tag in München und damit wechselte auch noch der Staffelstab feierlich von Nürnberg nach München. Glückwunsch! Denn damit war nach dem ersten Tag zugegebenermaßen nicht wirklich zu rechnen. 

Jetzt haben noch Kempten und Köln die Möglichkeit, sich die Tour-Krone auf den letzten Metern zu sichern. Wir sind gespannt!

München: Ende gut, alles gut! Wir sagen einmal mehr danke für die beiden Tage in eurer Stadt, für euren Support und eure Liebe zu den Onkelz.

Noch zwei Shows…

Text // Marco Matthes

Fotos // Christian Thiele

Illustrationen // Lennart Menkhaus

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