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Konzertbericht // Wien // 10.09.2022

Wien, für mich vielleicht die schönste Stadt der diesjährigen Tournee. Auf jeden Fall aber unter den Schönsten. Doch bevor ich euch vom Showtag in Wien berichten möchte, habe ich noch einen kleinen Nachtrag vom zweiten Konzert in Hannover. Hier hatten einige unter euch auf Facebook richtigerweise festgestellt, dass Gonzo vor dem Song “Schöne neue Welt” offenbar Probleme mit seiner Gitarre hatte und wollten wissen, was denn der Grund hierfür gewesen sei. Die Antwort darauf ist, dass sich die hohe E-Saite seiner Gitarre hinter dem Bundstäbchen selbiger geklemmt hatte, was wiederum dazu führte, dass die Saite nicht mehr klingen konnte. Der Fehler wurde aber von Mitch, dem Backliner von Gonzo, schnell gefunden und das Problem damit behoben. Das aber nur der Vollständigkeit halber. Zurück nach Wien.

Wir sind noch in der Nacht von Hannover in Richtung Wien aufgebrochen und kamen hier voller Vorfreude gegen Nachmittag am Hotel an. Viele aus der Crew nutzen die verbleibende Zeit dieses Anreisetages, um das schöne Wien zu erkunden, oder um einfach etwas zu entspannen. Kevin besuchte derweil die Römerstadt “Carnuntum” etwa 45 Minuten östlich von Wien. Hierbei handelt es sich um das wiederaufgebaute Stadtviertel „Carnuntum“ aus dem frühen vierten Jahrhundert. Für Kevin, als Experte der römischen Geschichte, natürlich eine absolute Sehenswürdigkeit und eine gern gesehene Abwechslung vom durchorganisierten Touralltag. 

Die ersten Fans warteten bereits früh am Einlass, als wir am Showtag gegen Mittag an der Stadthalle ankamen. Ich erinnere mich, dass auch auf der Tour 2016, was ja eine Wintertournee war, viele Fans schon mittags vor der Halle bei Schnee und Eiseskälte verharrten. Und auch sechs Jahr später sind die ersten Fans bereits früh vor der Halle, um sich einen der begehrten Plätze in der ersten Reihe zu sichern. So war der gesamte Vorplatz vor der Wiener Stadthalle bereits weit vor Einlassbeginn ordentlich gefüllt. Ohnehin wirkte in Wien alles sehr geordnet und strukturiert. Überall gab es Sicherheitsanweisungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Wege in die Halle hinein sind minutiös von Absperrgittern flankiert, Polizeikräfte in der Halle und über der Halle flog sogar ein Hubschrauber. So in etwa muss es sich auch 1991 angefühlt haben, als man am gleichen Ort das erste Livealbum der Bandgeschichte aufnahm, die “Live in Vienna”. Dazu gab es immer wieder Bandansagen aus den Lautsprechern während des Einlasses, man möge doch bitte seine “Oberbekleidung” in der Garderobe abgeben. Ordnung muss schließlich sein! Der Einlass selbst war insgesamt, im Vergleich zu den anderen Städten, auch deutlich ruhiger und entspannter. Während in Dresden und Erfurt zum Vollsprint in Richtung erste Reihe angesetzt wurde, war der Österreicher hier eher etwas entspannter. Natürlich blieb auch an diesem Abend, wie auf allen Konzerten dieser Tour bisher, alles ruhig und ohne nennenswerte Vorfälle.

Die Stadthalle in Wien hat einen ganz eigenen Charme, finde ich. Sie wurde 1958 fertiggestellt und hat ein Fassungsvermögen von bis zu 16.000 Menschen. Ähnlich wie die Onkelz selbst, blickt sie auf eine bewegte und bewegende Historie von Veranstaltungen und Konzerten aller Art zurück. Hier hat schon so ziemlich jede Band, jede Künstlerin und jeder Künstler dieser Welt gespielt. Und auch wenn sie aus der Drohnenperspektive wieder wie ein in Not gelandetes Ufo wirkt, hat sie von innen einen doch ein ganz eigenes Flair. 

Aufgrund der örtlichen Lärmschutzauflagen begann die Show heute insgesamt jeweils 15 Minuten früher. Unsere Freunde von Florence Black, die auch in Wien zu überzeugen wussten, lieferten eine mehr als solide Show, ehe dann das Konzert der Onkelz um 20:30 Uhr beginnen konnte. Die Onkelz hatten vorab noch ein Interview mit einem örtlichen Fernsehsender und betonten darin u. a. nochmal die großartigen Shows der Tour bis hierher und die große Vorfreude auf das Wiedersehen mit Wien. 

Als um 20:20 Uhr dann die Lichter der Stadthalle erloschen und es im weiten Rund aus tausenden Kehlen “Oh, wie ist das schön” schallte, konnte man schon erahnen, dass Wien heute Abend hier nichts anbrennen lassen würde und so sollte es auch kommen. Bereits nach dem Opener “Hier sind die Onkelz”, gefolgt von “So sind wir”, flogen Bierbecher in hohem Bogen in die Lüfte, als gäbe es keinen Morgen mehr. Stephan konstatierte früh, dass sich die Band immer gern an Wien erinnere und so wie das heute Abend begann, würde Wien den anderen, bisherigen Shows der Tour, in nichts nachstehen. Das war auch mein Gefühl aus dem Graben. Wie bei allen Shows bislang, schaue ich auch in Wien die ersten Stücke von dort, um möglichst viel von der Stimmung der ersten Reihen wahrzunehmen. Hier sehe ich auch heute wieder ein sehr bunt gemischtes Publikum. So steht direkt vor mir eine Familie in drei Generationen und direkt dahinter zwei ältere Damen, die ich bei allem Respekt um die 70 Jahre schätze. Natürlich beide standesgemäß im Onkelz-Shirt. Kinder, wie die Zeit vergeht! Ohnehin sehen wir seit Beginn der Tour so viele Gesichter, Abend für Abend in der ersten Reihe. Drei Fans, die die gesamte Tour gemeinsam mitfahren, stehen bei jeder Show direkt vor Stephan, als würden sie dort bereits zum Produktionsinventar gehören. Und Abend für Abend singen sie inbrünstig und voller Leidenschaft jede einzelne Zeile eines jeden Songs, als wäre es ihre erste Show. Daneben steht ein Kind, vielleicht 8 Jahre, mit seiner Mutter und singt textsicher jedes Lied, als hätte es nie etwas anderes gemacht. Wir sehen euch und wir danken euch für euren Support! Ihr seid der absolute Wahnsinn!

Während bei der “Stunde des Siegers” auch die Wiener Stadthalle in kollektive Ekstase verfällt, beobachte ich zwei Frauen, die einen irrsinnigen Spaß dabei haben, sich immer und immer wieder mittels Stagediving über die feiernde Menge tragen zu lassen. Von dort werden sie dann von örtlichen Secus in den Graben gebracht, um dann wieder aus dem Graben in der Masse der feiernden Fans zu verschwinden. Wenn die Runde geschafft ist, liegen sich beide lachend in den Armen und alles beginnt von vorn. Mindestens dreimal laufen sie so glücklich und zufrieden an mir vorbei, um dann wieder in dieser großen Onkelzparty verschluckt zu werden. So kann man den Abend auch verbringen, denke ich im Stillen. Die Hauptsache ist, ihr hattet Spaß und das war ganz offensichtlich der Fall. 

Über “Kirche” möchte ich noch etwas schreiben. Der Song hatte heute Abend eine ganz besondere Atmosphäre, fand ich. Vielleicht lag es an dieser alt-ehrwürdigen Halle mit ihren verschlungenen, nostalgischen Gängen. Vielleicht war es aber auch die Ansage von Stephan zu Beginn. “Kirche” sei kein Song, der sich gegen spirituelle Menschen richtet, oder Menschen, die an etwas Höheres glauben. Vielmehr sei es ein Song, der die Kirche als Geld fressende, historisch-tötende Institution thematisiert und kritisiert. Eine wichtige und richtige Abgrenzung, die sich möglicherweise aus dem Song selbst nicht eindeutig für jeden erschließt und damit missinterpretiert werden könnte. 

Während der Tour hat es sich Gonzo ja mittlerweile zu eigen gemacht, beim Solo von “Heilige Lieder” durch den Graben zu laufen. Gerade für die erste Reihe, die ja, wie oben erwähnt, teils stundenlang auf diesen Platz wartet, ein ganz besonderer Moment. Eine Szenerie, die ich in verschiedenen Konzertberichten bereits beschrieben habe und die wir immer wieder in Bildern festhalten. Interessant ist aber auch die Vorbereitung auf diesen Gonzo-Run. Diese Vorbereitung beginnt nämlich schon weit vorher. Bereits bei “Wir ham noch lange nicht genug” geht es los. Zunächst schauen Marc und Thorsten, die sich im Wesentlichen um die Venue-Secu kümmern, mit ihren Taschenlampen akribisch nach etwaigen Stolperfallen im Graben. Mehrfach gehen die Beiden den Weg auf und ab und sichern so den Laufweg unseres Gitarren-Sprinters. Wenn hier alles gesichert ist, kommt dann noch Danilo aus der Crew mit einem breiten Gummiabzieher, um etwaige Flüssigkeiten und damit Rutschgefahren aus dem Laufweg zu entfernen. Geben alle Beteiligten grünes Licht, kann auch in Wien der Sprint des Gonz beginnen. Vor den Barrieren sitzen zwei Jungen, die ihren Augen kaum trauen können, als der leibhaftige Gonzo an ihnen vorbei läuft. 

Mit “Auf gute Freunde” und „Mexiko“ katapultiert sich Wien an diesem Abend endgültig in die Top 3 der bisherigen Shows, was die Lautstärke des besten Chors der Welt angeht. Abschließend gibt es für die Ansage von Stephan vor “Nichts ist für die Ewigkeit”, wir sollten in diesen Zeiten zusammenstehen, uns mit Respekt begegnen und uns nicht auseinanderdividieren lassen, auch in Wien wieder viel Beifall und Zustimmung.

Als die Band von der Bühne kommt, wirken alle sehr zufrieden und gelöst. Die vier Onkelz haben auch heute Abend in Wien wieder alles gegeben und Wien hat den Funken dankend angenommen. Das hat uns, der Crew, aber insbesondere auch der Band, großen Spaß gemacht! Danke für fast 2,5 Stunden Gastspiel in dieser schönen Halle, mit schönen Menschen und dieser hervorragenden Stimmung. Euer Support, eure Liebe hat uns getragen. Danke dafür! 

Dieser Abend in Wien wird uns jedenfalls noch lange in Erinnerung bleiben. 

Um 2:30 Uhr bricht der Tour-Tross dann auf in Richtung Rostock und ich blicke ein letztes Mal aus dem Fenster und schaue auf diese schöne Stadt, bevor ich in meiner Koje zufrieden einschlafe.

Dankscheen, Wien!

Text // Marco Matthes

Fotos // Christian Thiele

Illustration // Lennart Menkhaus

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