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Während ihr diese Zeilen lest, ist Hannover schon wieder Geschichte und wir sind bereits auf dem Weg nach Wien. Die Tour rauscht sprichwörtlich an uns vorbei und sie fühlt sich auch wie ein Rausch an. Vor allem aber fühlt es sich wie Zuhause ankommen an. Abend für Abend in eure begeisterten und euphorischen Gesichter zu schauen, die voller Vorfreude und Sehnsucht diese Tournee herbeigesehnt haben, erfüllt mich, erfüllt die gesamte Crew und die Onkelz mit großer Demut und Dankbarkeit. Dieser zweite Tag unseres Gastspiels in Hannover, so viel verrate ich gern, fügte sich nahtlos in die Eindrücke des Vorabends ein und manifestierte den Eindruck, dass Hannover immer eine Konzertreise für die Onkelz wert ist.

Bevor wir aber zur Show selbst kommen, möchte ich die nun folgenden Zeilen einem Verein widmen, der uns allen sehr am Herzen liegt: Dem B.O.S.C. Dem Verein, der dafür ins Leben gerufen wurde, anderen, bedürftigen Menschen zu helfen und das unabhängig von ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Konstitution und ihrer Geschichte. Es geht ums Helfen, es geht darum, sich zu unterstützen, wenn das Leben in eine Schieflage gerät. Mit diesem Geist wurde der B.O.S.C. reaktiviert. Nicht als klassischer Fanclub, sondern als Verein, der seine Reichweite und die vielen engagierten Mitglieder dafür nutzt, um Gutes zu tun und für Bedürftige da zu sein. Jeden Abend nutzt Stephan deshalb die Ansage vor “Nichts ist für die Ewigkeit”, um auf die Arbeit des B.O.S.C. hinzuweisen. Denn diese Arbeit ist ehrenamtlich. Sie ist ausschließlich von dem Gedanken getragen, etwas Gutes zu tun. Der Verein, der von Jackie, Woody und Manu geleitet und von vielen engagierten Mitgliedern unterstützt wird, hat bereits unzählige spannende und wichtige Projekte im ganzen Land umgesetzt und wird noch viele weitere umsetzen. Diese Frauen und Männer haben auch den alt-ehrwürdigen B.O.S.C.-Bus reanimiert, den ihr auf dieser Tour in nahezu allen Städten bestaunen könnt. Ehrenamtliche Arbeit findet nur leider in unserer kommerzialisierten Gesellschaft, in der du nur etwas bist, wenn du genug Kohle auf dem Konto hast, viel zu wenig Beachtung und Resonanz. Aus diesem Grund möchte ich an dieser Stelle dem Vorstand und allen Mitgliedern des B.O.S.C. für ihren unermüdlichen Einsatz und ihre Arbeit danken. Gleichermaßen möchte ich euch Fans, die sich noch nicht mit dem B.O.S.C. beschäftigt haben, bitten, dies zu tun. Nutzt die Gelegenheit, den B.O.S.C.-Bus in den Städten vor der Halle zu besuchen und kommt mit dem Vorstand und den Mitgliedern ins Gespräch. Es gibt so viele Möglichkeiten zu helfen und gerade jetzt, in diesen Zeiten, brauchen wir einander und brauchen unsere gegenseitige Unterstützung ganz besonders. Danke!

Zurück zum zweiten Showtag in Hannover. Die Tage auf einer solchen Tour ähneln einander, denn die festen Abläufe sind letztlich der Kit, eine solche Produktion überhaupt auf die Straße zu bringen. Wir kommen also gegen Mittag an der ZAG Arena an, wo bereits die ersten Fans seit einigen Stunden ausharren. Nachdem ich dem Konzertbericht des ersten Tages den letzten Schliff gegeben habe, wir die Fotos gesichtet und selektiert haben, begeben wir uns zum Einlass, der auch heute wieder reibungslos funktioniert. Einzig das Wetter scheint bis dato noch nicht auf unserer Seite zu sein, denn es regnet derweil in Strömen. Das tut der Stimmung allerdings keinen nennenswerten Abbruch und so füllt sich der Innenraum auch heute wieder zügig.

Der zweite Abend beginnt, wie der erste geendet ist: Feiernd, euphorisch und mit lauten Chören, die immer wieder die PA übertönen. Die Band nimmt den Faden gern auf und liefert auch heute eine nahezu fehlerfreie Performance. Besonders die Interaktion untereinander fällt mir auf. Immer wieder wird gemeinsam gelacht, abgeklatscht und umarmt. Es sind doch diese Bilder, die wir alle gern sehen, weil es in uns das wohlige Gefühl auslöst, dass diese Band Bestand hat und haben wird. In der ersten Reihe sehen wir wieder die bekannten Gesichter, die uns in Teilen seit Beginn der Tour begleiten. Dazwischen jung und alt, Familien und Freunde. Ich verzichte an dieser Stelle auf den siebenten Hinweis, dass die “Stunde des Siegers” und “Gehasst, verdammt, vergöttert” einfach grandiose Live-Songs sind, an denen man sich nicht satthören kann. Live zu erleben auf jeder Show dieser Tour und ohnehin nicht adäquat in Worten zu beschreiben.

Wichtig und hervorzuheben ist noch die Ansage von Stephan vor “Die Erinnerung tanzt in meinem Kopf”. Dass der Song episch ist, habe ich bereits ausführlich beschrieben. Jeden Abend schließe ich dabei die Augen und konzentriere mich nur auf das, was ich höre. Das Solo, das Gonzo spielt, die Harmonien, der Aufbau, es ist und bleibt ein Meisterwerk. Ein Meisterwerk, das mitnichten das Ende der Onkelz projiziert, oder ankündigen soll, wie Stephan klarstellt. Dieser Song ist kein Abgesang auf die Band, sondern vielmehr eine Reflektion der vergangenen mehr als 42 Jahre Bandgeschichte. “Man müsse ja tot sein, wenn man nach diesen Abenden, die wir gerade auf dieser Tour 2022 erleben, nicht jedes Jahr eine Tour spielen will”, meint Stephan. Und recht hat er!

Apropos Stephan: Die Ansage vor “Nichts ist für die Ewigkeit” ist nochmal wichtig zu erwähnen, weil sie aktueller denn je ist und weil wir einander gerade ganz besonders brauchen. Die Shows dieser Tour sind Orte der Begegnung unter dem Dach der Onkelz. Sie sind die Begegnung mit uns selbst und die Begegnung mit anderen, die ähnliche Schicksale und Geschichten haben. Bei diesen Shows sind wir in unserem Kern alle gleich und das ist wichtig. Egal welche Meinung, welche Haltung wir haben, wir müssen einander wieder mehr zuhören und die Diskussion sowie den Austausch von Perspektiven zulassen. Es geht nicht darum, die Meinung des Anderen zu teilen, aber es geht darum, sie zu respektieren und den Raum zu eröffnen, darüber zu sprechen und zu debattieren. Ich hoffe und wünsche mir, dass Stephans wichtiger und richtiger Appell gehört wird und einen Beitrag dazu leistet, dass dieses Social-Blaming, das wir zu den unterschiedlichsten Themen gerade erleben, endlich aufhört.  

Damit schließe ich den Konzertbericht für Hannover. Heute etwas kürzer, aber ihr wollt sicher nicht das hundertste Mal lesen, dass “Mexico” der totale Abriss war und “Auf gute Freunde” auch heute wieder zur kollektiven Extase geführt hat. Ihr müsst es ohnehin live erleben, um es wirklich nachfühlen zu können. Ich denke, nach der siebten Show ist nun auch ausreichend über die Songs und deren Visualisierung geschrieben worden, sodass ich mich bei den nun kommenden Konzertberichten eher auf anekdotische Geschichten aus dem Tourleben und den Fokus auf wirkliche Highlights des Abends beschränken werde. Dann müsst ihr auch nicht mehr Urlaub beantragen, um alle Konzertberichte der Tour zu lesen. 

Hannover, euch gehört mein letztes Wort: Danke! Danke für zwei großartige, intensive und berauschende Konzertabende in eurer tollen Stadt! Ihr seid und bleibt einfach eine sichere Bank in jeder Onkelz-Tourplanung! Chapeau, wir ziehen unseren Hut! 

Und jetzt? Vienna calling…

Text // Marco Matthes

Fotos // Christian Thiele

Illustrationen // Lennart Menkhaus

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