Tourauftakt in Oberhausen, das wir das gemeinsam noch erleben dürfen!

Es gab Phasen in den vergangenen 2,5 Jahren, so ehrlich will ich sein, da haben wir selbst nicht mehr so richtig daran geglaubt, dass wir nochmal irgendwann auf Tour gehen würden. Zu viele und immer wieder wechselnde Auflagen und Regelungen, haben uns die Zuversicht und irgendwie auch die Lust genommen, immer wieder von vorn Termine zu verschieben und mit den Planungen neu zu beginnen. Jetzt, in diesem Moment, während ich diese Zeilen zu Papier bringe, breitet sich in mir das wohlige Gefühl aus, dass es sich gelohnt hat zu warten.

Das hier ist der erste Konzertbericht der Tour 2022!

Apropos Konzertbericht: Im Vorfeld der Tour haben wir uns auch überlegt, wie wir für all jene, die keine Karte bekommen haben, oder aber aus anderen Gründen unsere Shows nicht besuchen werden, die Stimmung und Eindrücke – zumindest ein wenig – erlebbar machen können. So kam es auch, dass wir den alt-ehrwürdigen Konzertbericht auf den Prüfstand der Zeitmäßigkeit gestellt haben. Viele Bands machen sich die Mühe seit Jahren nicht mehr, weil die Aufmerksamkeitsspanne der Mehrheit an Fans, so scheint es zumindest, irgendwo zwischen TikTok und Instagram verloren gegangen ist. Wer macht sich also bitte noch die Mühe und liest diese Konzertberichte, in denen viel Zeit und Gedanken verarbeitet sind? Aus euren Kommentaren der letzten Shows haben wir den Eindruck gewonnen, dass ihr die Berichte sehr wohl lest und damit eure eigenen Gedanken und Eindrücke zu den Shows komplettiert. Deshalb wird es auch auf dieser Tour wieder für jede Stadt einen Konzertbericht geben.

Die Rudolf Weber-Arena in Oberhausen wurde 1996 eröffnet und hat eine Kapazität von etwa 13.000 Zuschauern. Hier haben sich in den vergangenen Jahrzehnten u. a. Künstlerinnen und Künstler, wie Elton John, Santana, oder Iron Maiden, die Klinke in die Hand gegeben. Heute nun also der Tourauftakt der Onkelz.

Der Aufbau der Bühne und die Vorbereitungen dauerten bereits seit Tagen an, als wir vorgestern in der Halle ankamen. Der Innenraum ist schön kompakt, umrahmt mit einer Tribüne und einem Oberrang. Bereits beim Soundcheck fällt die riesige LED-Leinwand sofort auf, die sich über die gesamte Breite der Bühne erstreckt und damit genug Raum für eindrucksvolle Visuals bietet. Im Vergleich zur Bühne der Tour 2016, ist dieser Aufbau etwas reduzierter in der Dimension, dafür sehr rockig und weniger verspielt. Ein Setup, das meiner Meinung nach perfekt zur Setlist in diesem Jahr passt. Zudem greift das Team um Jerry Appelt im Licht-Setup die dreieckigen Formen erneut auf, die wir von den Jubiläums-Shows aus Frankfurt bereits kennen. Schon am späten Vormittag treffen die ersten Fans vor der Halle ein und sichern sich so die Pole-Position in der ersten Reihe. Viele von ihnen nutzen die Gunst der Stunde und besuchen den rückseitig geparkten B.O.S.C.-Bus für ein paar Erinnerungsfotos.

Währenddessen treffen die Nightliner an der Halle ein, die uns in den kommenden Wochen durch die Lande transportieren werden. An dieser Stelle möchte ich euch einen kleinen Einblick in die diesjährige Produktion geben. Wir sind auf der Tour 2022 mit etwa 190 festen Crew-Mitgliedern unterwegs, die sich auf 11 Nightlinern verteilen. 18 Trailer transportieren dabei die Bühne, das Licht, den Ton und alles, was so eine Produktion sonst noch benötigt. Dazu kommen noch die örtlichen Hands und Security. Ihr könnt euch sicher vorstellen, welch logistischer und organisatorischer Aufwand hinter einer solchen Produktion steckt.

Pünktlich um 17:30 Uhr startet der Einlass und die wartenden Fans betreten endlich die Halle. Die ersten Gesänge werden dabei bereits angestimmt und die Stimmung und Vorfreude steigt merklich und proportional zueinander, sowohl vor der Bühne, als auch dahinter. Nun ist alles vorbereitet, die Abläufe über Jahrzehnte erprobt, nichts wird hier dem Zufall überlassen. Und während sich die Halle weiter füllt, beginnen unsere Freunde von Florence Black um 19:30 Uhr mit ihrer Show. Die drei Süd-Waliser sind kurzfristig als Ersatz für Monstertruck eingesprungen und bestätigen von Beginn an ihren Ruf als Band mit einer enormen Live-Performance, die man gesehen haben muss. Genau das richtige Fundament für diesen Tourauftakt.

Es ist ziemlich genau 20:43 Uhr, als das Licht der Halle erlischt und ich auf die Uhr schaue. Um mich herum erschallt es nun im weiten Rund: “Wir wollen die Onkelz sehn!” aus tausenden Kehlen und schon jetzt in einer Lautstärke, die mir aus dem Stand und minutenlang das Gefühl von wieder zu Hause zu sein gibt. Wahnsinn, das geht ja gut los, denke ich. Nach dem Intro folgt “Hier sind die Onkelz”. Die Stimmung überträgt sich sofort spürbar auf die Band und wieder zurück auf die Fans. Es braucht keinen Anlauf, kein Miteinander warm werden, die Konnektion zwischen euch und den Onkelz ist sofort wieder da. Mir imponieren hier ganz besonders die Visuals, die das Team von Blitzen aus Berlin einmal mehr hervorragend konzipiert und umgesetzt hat. Hier zeigt sich bereits, was diese gigantische Leinwand kann. Ich schaue ins weite Rund und sehe unzählige Fans in den ersten Reihen mit Handys, die diesen Moment dieser Tour für die Ewigkeit auf ihren Speicherkarten verewigen wollen. Ein Bild, das man leider nahezu auf allen Konzerten mal mehr und mal weniger stark ausgeprägt beobachten kann. Leider vergessen die Meisten dabei, dass zum einen bekanntlich ohnehin nichts für die Ewigkeit ist und dass zum anderen die wirklichen Erinnerungen und die damit verbundenen Emotionen eines Konzerts auf keine Speicherkarte passen. Ihr beraubt euch damit irgendwie selbst den schönsten Momenten, die sich durch kein Video später wieder reproduzieren lassen. Doch das soll nur eine Randnotiz bilden.

Ich werde auch heute, aus Rücksicht auf alle diejenigen, die noch auf unsere Tour kommen werden, nicht auf alle Songs im Detail eingehen. Stattdessen werde ich, wie gewohnt, auf einige Perlen und Momente eingehen, die mir an diesem Abend ganz besonders in Erinnerung geblieben sind.

Da wäre “Finde die Wahrheit” – ein Evergreen. Hunderte Male gespielt und immer wieder ein Gänsehautmagnet. Stephan bringt es auf den Punkt: “Das sind Bilder, von denen man einfach nicht genug kriegen kann!” Recht hat er, denke ich im Stillen. Ohnehin macht die Band an diesem Abend einen sehr spielfreudigen Eindruck. Gonzo und Stephan machen ordentlich Meter auf der Bühne und harmonieren fabelhaft miteinander.

Nach “Kuchen und Bier” gibt es deshalb zurecht und verdient “Oh, wie ist das schön” Gesänge aus allen Kehlen und spätestens jetzt ist klar, dass Oberhausen die Messlatte für die beste Stimmung auf der Tour ziemlich hoch anlegen wird.

In die Liga der Song-Highlights gesellen sich an diesem Abend auch “Die Stunde des Siegers” und “Gehasst, verdammt, vergöttert”. Ebenfalls Songs, die in keiner Setliste fehlen dürfen und heute einmal mehr unter Beweis stellen, warum. Auch hier wieder viel Interaktion der Onkelz auf der Bühne, man kann die Spielfreude, den Spaß an diesem Konzert förmlich greifen. “Wer sowas nicht vermisst, muss ja tot sein”, schickt Stephan in die tanzenden Pogo-Reihen. Das erste Drittel ist rum und ich frage mich insgeheim, wie sich das noch toppen lassen soll.

Die Antwort folgt auf den Fuß: mit “Leere Worte” zum Beispiel. Der Song ist einfach immer ein Brett und über jeden Zweifel erhaben. Die Symbiose aus Visuals, dem wirklich atemberaubenden Licht und der damit verbundenen Dynamik, macht “Leere Worte” zu einem meiner absoluten Highlights in Oberhausen. Hier kommt tonaler und visueller Hochgenuss perfekt zusammen und verbinden sich in purer Perfektion. Einfach schön!

Es folgt ein sehr emotionaler Block an Songs, aus dem ich “Ein Hoch auf die Toten” besonders hervorheben möchte. Direkt neben mir steht eine Frau, deren Tränenkanäle sich bei dem Song instant fluten und die von ihren offenbar ebenfalls anwesenden Töchtern getröstet wird. Ich frage mich, welches Schicksal, welche Geschichte hinter all diesen Tränen steckt, als ich weitere Fans um mich herum wahrnehme, denen es ganz ähnlich geht und die mindestens einen hals-füllenden Klos bei diesem Song verspüren. Ein Wechselbad der Gefühle, eine Achterbahn durch die eigene Lebensgeschichte, immer und immer wieder.

In meine persönliche Top 3 hat es an diesem Abend auch wieder “Schöne neue Welt” geschafft. Das Ding nutzt sich live einfach nicht ab und ist zudem noch inhaltlich seiner Zeit weit voraus. Pe treibt den Song an den Drums extrem gut nach vorn und in Kombination mit den Visuals, Gonzos Solis und dem Bass, verewigt sich das Stück sofort im Gedächtnis.

Im Zugabenblock müssen wir unbedingt noch über “Auf gute Freunde” sprechen. Was war das denn bitte für ein Abriss auf den letzten Metern der Setliste? Gonzo hat das Ding runtergerockt, als gäbe es kein Morgen und ihr habt nochmal alles aus euch rausgeholt. Wahnsinn! Auch so eine Nummer auf der Setlist, die man in Stein meißeln kann, oder muss? Die Band hatte jedenfalls großen Spaß an dem Song und gab sichtbar nochmal alles.

Als Stephan dann mit “So ihr Feiernasen, was wollt ihr hören?”, den Song “Mexico” ankündigte, konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Das war der verbalisierte Ritterschlag für diesen Abend, der von vorn bis hinten und wieder zurück eine einzige große Onkelzparty war.

Eine Onkelzparty, die auf dieser Tour nicht mit “Erinnerungen” enden wird, so viel darf ich spoilern. Und ja, das dürft ihr, wenn ihr wollt, auch scheiße finden. Und nein, das Ende der Onkelz lässt sich daran ganz sicher nicht ableiten.

In diesem Sinne: Oberhausen, das war richtig, richtig fett! Danke dafür!

Dresden? Seid ihr bereit? Wir sind es.

// Marco Matthes

// Christian Thiele & Tobias Stark

Illustration von Lennart Menkhaus

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