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…erscheint am 15.04.2002 auf rule23 und steigt eine Woche später von null auf Platz Eins in die Media Control Top 100 Albumcharts ein.
Ausgebrütet auf Ibiza, geschrieben in Irland und gemixt in Frankfurt und in den legendären Londoner Abbey Road Studios, legen die Böhsen Onkelz mit ihrem 15ten Studioalbum ein ungewohnt positives und sonniges Werk vor. Man merkt dem Album an, dass es Sommer und Lebensfreunde ausstrahlt, zu jeder Zeit. Ungewohnt schmissige Hooklines, fette Riffs und motivierende, lebensbejahende Texte wechseln sich ab, geben sich die Klinke in die Hand. Auf Pathos, der im Jahre 2002 längst nicht mehr so bierernst daherkommt, sondern auch Aleister Crowley zitieren darf („Die Firma“), folgt Verarbeitung der eigenen Historie. „Narben“, eine wunderschöne, getragene Hymne, wird zum Hit.
Mit „Macht für den, der sie nicht will“ gibt die Band das erste Mal seit 1993 ein politisches Statement ab. Sozusagen „Worte der Freiheit“ Teil II. Die immer grotesker werdenden Lügen der Regierung, speziell das desolate Auftreten der Bundeskoalition und der US Regierung, sie geben Weidner genug Steine zum Anstoßen. Die Band schlussfolgert – durchaus überlegenswert -, dass nur jemanden Macht zusteht, der eigentlich überhaupt nicht danach lechzt. Weil nur der, die sie eben nicht will, auch nicht bereit ist, sie zu missbrauchen. „An der Front für die Nazis, sie waren Spitzel für die Stasi, und heute heucheln sie: De-mo-kra-tie.“
Die Transformation des eigenen Ichs wird in eine Sommer-Hymne verpackt („Mutier mit mir“), Klaus „Holzweg“ Walter bekommt mit „Nr. 1“ seine längst überfällige Band-Ansage und der ekelhafte Pädo- und Sex-Tourismus fetter, schmerbäuchiger „Freier aus den Wohlstandsländern“ in „Wie kann das sein“ seine Abfuhr.
Auch wenn „Dopamin“ einigen Fans zu sauber, zu glatt klingt, ist die Platte genau das, was sie ist: Ein Zeitdokument. Die Momentaufnahme einer Band, die sich zum Zeitpunkt des Songwritings und der Aufnahmen so gut wie schon lange nicht mehr fühlen darf. Außer Titelstories in den großen Rock Magazinen „Metal Hammer“ und „Rock Hard“ arbeiten die Böhsen Onkelz nicht mit der Presse zusammen. Man geht sogar noch einen Schritt weiter und verweigert den Journalisten und Fotografen der Tagespresse die Akkreditierungen zu den Konzerten der anstehenden Tour.
Stephan zu „Die Firma“:
„Würde ich diese Überlegungen [wie meine Texte interpretiert werden] mit einbeziehen, müsste ich mich bei jeder Zeile die ich schreibe, fragen ob die Fans sie richtig verstehen. […] Beim Song „Die Firma“ heißt es: „Weiße Teufel, schwarze Seelen“ – so etwas dürfte ich dann nicht schreiben, weil die Journalisten mir wieder vorwerfen würden, dass ich mit „Weiße Teufel“ auf den Arier anspielen möchte. Da hätte ich keinen Bock drauf.“
Metal Hammer, 2002
Gonzo und Stephan zu „Narben“:
Gonzo: „Dieser Song transportiert perfekt das Gefühl, aus dem heraus er entstanden ist. Kevins Gesang ist sehr melodisch.“
Stephan: „Es geht darum, dass man für sich selbst immer wieder Gründe findet, seine Prinzipien zu umschiffen. Diese Mechanismen, die dir helfen, dich selbst zu belügen, möchte man nicht mehr stattfinden lassen.“
Rock Hard, 2002
Stephan zu „Nr. 1“:
„Ein Song für Klaus W. aus F., mit ’nem Dead Kennedys-Einschlag. Man fragt sich während des Songs ständig, welche Nr. 1 überhaupt gemeint ist, und zum Schluss gibt’s dann halt die Lösung. Wie ernst mir das ist? Das Stück habe ich mit einem Dauergrinsen verfasst, denn der Mann, um den es geht, schreibt schon so lange und ausgiebig, regelrecht verzweifelt, gegen uns, dass er sich einfach einen Song verdient hat.“
Rock Hard, 2002
Stephan zu „Wie kann das sein“:
„Ich reise immer noch oft, trete mit einer Menge Menschen in Kontakt, bekomme viele Schicksale mit. „Wie kann das sein“ handelt davon, dass ich asiatische Länder bereist habe und mir all das Elend dort ansehen konnte. Das Thema Kindersex taucht ja nicht das erste Mal bei den Onkelz auf. Hier wird konkret ein Problem der Dritten Welt, in der man sich mit Geld alles, also selbst Kinder, erkaufen kann, behandelt. Ich finde das komplett pervers. Und ja, sowas bewegt mich. Die Onkelz sind ja auch nicht dafür bekannt, nur Party-Knaller abzuliefern.“
Metal Hammer, 2002
Tracklisting Dopamin:
- 1 Die Firma
- 2 Narben
- 3 Macht für den der sie nicht will
- 4 Mutier mit mir
- 5 Keine Amnestie für MTV
- 6 Wie kann das sein
- 7 Nr. 1
- 8 Stand der Dinge
- 9 Ich weiß wo du wohnst
- 10 Keine Zeit
- 11 Jetzt oder nie
- 12 Nur wenn ich besoffen bin
Das Video, zum Dopamin Foto-Shooting der Onkelz, seht ihr hier: